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Von Santander nach La Coruna

Vor vier Tagen ist Katharina aus La Coruna zurück geflogen und gut zwei Wochen vorher endete unser letzter Tagebucheintrag mit der Ankunft in Santander. Also höchste Zeit, um mal wieder etwas von uns hören zu lassen! Die Tage mit Besuch sind herrlich, aber wir merken dann auch sehr deutlich den anderen Lebensrhythmus, den wir uns inzwischen angewöhnt haben. Für den Besuch steht ein Segelurlaub im Vordergrund, aber für uns ist das Boot inzwischen das Zuhause geworden und der Transport von A nach B ist eine Nebensache. Das Leben an Bord ist der Alltag und die Abwechslung bringen die Besuche an den verschiedenen Orten.
Zu dritt ist es natürlich enger und es stand immer ein großer Rucksack im Salon. Gegenseitige Rücksichtnahme und dauerndes Ordnunghalten waren angesagt, aber trotzdem waren die vergangenen zwei Wochen mit Katharina immer entspannt und erlebnisreich. "Du hättest auch noch länger bleiben dürfen" ist wohl das größte Lob, das man jemandem nach zwei Wochen Aufeinanderleben machen kann, aber so war es wirklich.
Trotzdem freuen wir uns wieder über die Tage zu zweit. Man hat mehr Zeit und weniger das Gefühl, dem Besuch etwas bieten zu müssen. Somit kommt man zu den alltäglichen Dingen: Putzen, Reparaturen und eben auch Tagebuch tippen. Emails sind schon lange liegen geblieben. Hauptsächlich da wir kaum Zeit für Internetcafes hatten. Und wenn es wie in Sada ein kostenloses WLAN gibt, müssen wir uns am Laptop abwechseln. Jeder will natürlich Eure Mails aus der Heimat lesen und beantworten, aber bitte habt Nachsicht, wenn es nur langsam geht. Die meisten Mails lesen wir uns gegenseitig vor. Highlights sind dabei die Erzählungen vom Leben auf der Werft durch Michael und die herrlich komischen Kommentare und Zusammenfassungen der Nachrichten von Otto. Wir leben seit 82 Tagen fast ohne Nachrichten und müssen feststellen, dass es uns nichts ausmacht. Wirklich weltbewegendes, was uns betrifft, passiert nicht und gerade momentan tun sich die Medien natürlich besonders schwer, immer neue Säue durch's Sommerloch zu treiben.
So, genug der Ausschweifungen, kommen wir zum eigentlich wichtigen, unseren Logbucheintragungen:

Montag, 23.07.2007 (65. Tag)

Gestern gabe es ja noch so viel zu erzählen, so dass wir heute erst sehr spät aus den Betten kommen. 10:00 scheint in Spanien allerdings nichts besonderes zu sein, es ist eher erstaunlich, wie schnell wir uns an den nach hinten verschobenen Lebensrhythmus gewöhnen. Es wird allerdings auch erst kurz vor 8 hell. Ganz anders als in Flensburg. Wenn wir morgens durch unsere Luke in den Himmel gucken, schätzen wir die Zeit meistens völlig falsch ein.
Sobald die Sonne scheint, brennt sie einem aber mit einer unglaublichen Intensität auf den Pelz. Schon auf dem Weg zu den Duschen kommt man ins Schwitzen, also ein weiterer Grund, um es ganz ruhig angehen zu lassen. Nachdem wir unsere letzten Brotreste gefrühstückt haben, sortieren wir unsere Fotos aus Frankreich und machen uns dann auf die Suche nach Seekarten für diese Region Spaniens. Santander haben wir noch mit dem Biskaya-Übersegler und dem Reeds angelaufen, aber für die kommenden Etappen wüßten wir es dann schon gerne genauer. Komischerweise gibt es in keinem der Segelläden Seekarten und auch nachmittags, als die Mädels in die Stadt fahren und ich Tagebuch tippe, werden sie nicht fündig. Der Hafenmeister klärt uns schließlich auf: Seekarten kauft man in Spanien zentral in einem Ministerium.
So geht der Tag mit dem Regeln alltäglicher Dinge herum und abends gibt es Aprikosenknödel. Verdammt lecker, mit dem süßen Obst, was es hier gibt. Im Gegensatz zu Deutschland liegen die Früchte schon reif in der Auslage. Also sind sie direkt genießbar, halten sich allerdings auch nicht so lange.
Nach dem Essen beginnt Steffi, das Puzzle unserer Putzfrau Sabine zu legen. Sie hatte es uns zum Abschied geschenkt und es zeigt Sie in voller Power-Putzen-Montur. :o) Der Hintergrund ist allerdings so großflächig, dass die Details ganz schön knifflig sind. Letztendlich sitzen wir alle drei um den Navitisch und erst um 1:00 nachts ist es geschafft.

Puzzlen am Putzenpuzzle.



Dienstag, 24.07.2007 (66. Tag)

Wir stehen "früh" um 10:00 auf und machen uns landfein. Heute steht ein Ausflug nach Santillana an, um die Höhlenmalereien von Altamira zu besichtigen. Die Lage des Hafens nervt langsam. Erst die 30 min um das Ende der Landebahn herum stiefeln, dann den Bus nehmen, der einmal pro Stunde fährt und dann nochml 30 min Busfahrt in die Stadt.
Dort gehen wir erstmal zum "Ministerium" und kaufen uns zwei Karten für den Norden Spaniens. Sie sind von Hand korrigiert und die Druckauflösung ist im Gegensatz zu den Imraykarten ziemlich bescheiden. Aber gut, es gibt hier und da Felsen und Stufen unter Wasser, die man wegen des Schwells besser meidet. Sie machen also Sinn.
Die Busfahrt nach Santillana ist ein Schnäppchen. Zu dritt zahlen wir 12 EUR für eine Retourticket. Die Fahrt dauert dabei 40 min. Da kann man echt nichts sagen. Außerdem bekommen wir so einen schönen Ausblick ins Hinterland. So grün und baumbestanden wie hier alles ist, erinnert uns die Gegend an das Alpenvorland, nur dass halt hier und da die blaue See zu sehen ist.
Bei der Touristeninformation bietet sich das fast schon übliche Bild: Keine andere Sprache als Spanisch und die Schönheit des Mädels kann leider nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie so rein gar keine Ahnung hat. Es gäbe nur eine Autostrasse zum Museum der Höhle und der Zugang sei begrenzt. Dass kaum noch jemand in die originalen Höhlen darf wissen wir, aber dass der Zugang ins Museum begrenzt ist, wundert uns.
Trotzdem spazieren wir den FUSSWEG mit schönem Panorama auf's Land hinauf zur Höhle und bekommen zu unserer Verwunderung direkt die Karten für's Museum. Sowas aber auch... Einen Teil der Höhle hat man 1:1 nachgebaut, so dass man trotzdem noch ein wenig das Höhlenforscherfeeling bekommt. Durch den restlichen Teil sind wir dann aber schnell durch. Soviel Kultur muß ja auch nicht sein, da hauen wir uns lieber unter einen Baum auf die Wiese und genießen unsere Wegzehrung.

Man merkt, wir sind im Süden: Orangenbaum in einem Garten.


Zurück in Santander will ich noch einen Thunfischköder kaufen. Der Verkäufer ist total agressiv und schlecht gelaunt. Keine Ahnung ob's an den Sprachproblemen liegt, oder ob er es uns totalen Amateuren nicht gönnt, nach Thun zu angeln. Ich will schon gehen, aber die Mädels bleiben hartnäckig und am Ende stößt dann ein weiterer Verkäufer zu uns, der gut Englisch spricht und uns in die Geheimnisse einweiht.
Der Köder wird einfach nur so hinter uns her geschleppt und jagt damit knapp unter der Wasseroberfläche dahin. Einen Paravan oder sonstige "Tauchhilfen" benötigt man nicht. Da wir ohne Rute angeln, spannen wir die Leine seitlich mit einem Gummizug ab. Das soll dann den "Einschlag" dämpfen, wenn ein Thun beißt.
Die Haken sind für unsere Begriffe riesig und bisher hatten wir noch keinen Erfolg. Von Thuns keine Spur und Delphine lassen den Köder zum Glück achtlos links liegen. Nur junge Möwen interessieren sich ab und zu dafür. Das artet dann immer in einer wilden Aktion aus, bei der wir schreiend auf dem Heck stehen und schnellstmöglich die 50 m Leine einholen.
Ob wir traurig oder froh sein sollten, dass bisher noch keiner gebissen hat, bleibt abzuwarten. Erzählungen eines Franzosen nach, ist das "Ruhigstellen" eine riesengroße Sauerei. Sie würden sich das Ölzeug anziehen und den Niedergang verschließen. Hinterher sei alles voller Blut und Schuppen. Bisher hätten sie Thunfische bis zu 20 kg gefangen. Sich mit so einem Monstrum anlegen ist sicher nicht alltäglich. Wir werden berichten.

Mittwoch, 25.07.2007 (67. Tag) - Donnerstag, 26.07.2007 (68. Tag)

Wir wollen weiter nach Gijon. Das ist eine Strecke von 90 Meilen, weshalb wir um 9:15 aufbrechen. Im Reeds (Hafenhandbuch) heißt es, dass sich normalerweise im Sommer ein stationäres Tiefdruckgebiet über Spanien ausbildet. Zusammen mit dem Azorenhoch würde es an der Nordküste für einen stetigen NO-Wind sorgen. Gestern stürmte es noch und für heute sieht das Wetterfax so aus:



Als Folge der Großwetterlage stört das Tief vor England allerdings die Standardsituation und der "garantierte" NO-Wind ist plötzlich nicht mehr so sicher. Beim Ablegen ist Windstille, was hier hinten in der Flußmündung allerdings nichts heißt. Je weiter wir aus dem Trichter kommen, desto mehr legt der Wind zu und unter unserer Poser-Genua machen wir Fahrt.
Vor der Stadt liegen verschiedene Frachter vor Reede. Wir haben sie gestern schon gesehen und es war ein romantisches Bild. Jetzt werden wir allerdings eines Besseren belehrt: Der 2 m hohe Schwell kommt genau quer zu den Ankerliegern und bringt sie mächtig ins Rollen. Wir schätzen ihre maximale Krängung auf 10 Grad und so geht es in einem fort hin und her. Es sieht grauselig aus, ist aber auch sehr beeindruckend, diese großen Frachter sich so bewegen zu sehen.
Um der Küste zu folgen müssen wir auf einen raumen Kurs abfallen und bereuen es gleich. Der Wind ist trotz Spi einfach zu schwach um Apelia zu stützen und wir fangen an zu rollen, genau wie die Frachter. Es geht so wild zur Sache, dass das Groß dauernd schlägt, weshalb wir es bergen und nur unter Spi weiter eiern. Für Katharina sind diese Bedingungen als Einstieg nicht das wahre, so dass sie leider bald die Fische füttert. Ich horche etwas nervös in mich hinein, aber zum Glück bleibe ich verschont.
Nachmittags hat der Wind auf N gedreht und wir wechseln zur Genua. Das Gerolle geht weiter, aber sie steht fast stabil und bringt ein paar Knoten. Um Abends etwas "frisches" in der Pfanne zu haben, schmeiße ich die Makrelenangel und den neuen Thunfischköder aus, aber ohne Erfolg. Kurz darauf stinkt es nach Diesel. Wir prüfen alles unter Deck, können allerdings kein Leck finden. Irgendwann stellen wir fest, dass wir durch einen richtigen Dieselfleck fahren. Keine Ahnung wie viel es ist, aber die schillernde Brühe schwappt dick auf der Wasseroberfläche. Eine riesengroße Sauerei. Als wir um das Boot gucken, entdecken wir genau unter uns einen Fischschwarm. Sie scheinen uns zu folgen, aber die Angel verschmähen sie. Idioten.
Abends starten wir den Motor um wenigstens etwas voran zu kommen. Als auch die Genua nichts mehr bringt, bergen wir sie, motoren also nur noch durch die Abendstimmung und den stetigen Schwell. Nach einer Weile bemerken wir überall um uns herum kleine Kapillarwellen und bei genauerem Hinschauen entdecken wir kleine Krebse, die an der Oberfläche treiben und wenn wir näher kommen richtig Gas geben um uns aus der Bahn zu kommen. Nach und nach werden es immer mehr, bis etwa alle 50 cm einer treibt. Sie klumpen nicht zusammen, sondern treiben jeder für sich. Vermutlich sind sie völlig ungenießbar, sonst müsste es ja hier vor Räubern (Vögel + Fischen) wimmeln. Uns wird allerdings nicht klar, was sie hier so massenhaft treiben. Vielleicht machen sie aber auch genau das, wenn die Sonne untergegangen ist...
Da wir sowieso motoren kuppeln wir aus und fangen an, mit Tassen nach ihnen zu fischen, um sie aus der Nähe betrachten zu können. Im Kurzstreckensprint sind sie jedoch wahre Meister und es dauert eine Weile, bis Steffi Erfolg hat. Sobald eines der Kerlchen in der Tasse sitzt, gerät es in eine Art Starre, so dass wir es ausgiebig betrachten können. Es hat Glück, dass wir keine Franzosen sind und es somit nach wenigen Minuten wieder im Meer, statt im Kochtopf landet.

Kurzbesuch durch eines der vielen treibenden Krebschen.


Langsam geht die Sonne unter und taucht die Küste in goldenes Licht. Das Panorama ist unglaublich und wir können uns von dieser Küste kaum sattsehen. Die Klippen steigen 100 bis 200 m auf, sind sehr dunkel, fast schwarz, aber oben drauf sind sie baumbestanden und direkt dahinter steigen Berge auf 600 bis 1200 m auf. Das ganze sieht aus wie "Schwarzwald am Meer", und das Meer davor ist tiefblau und bis auf die Müllfelder, die wir ab und zu kreuzen kristallklar. Diese Müllfelder sind der einzige Dämpfer dieser tollen Gegend. Umweltschutz ist für die meisten hier leider ein Fremdwort und durch die Strömungen scheint sich der Müll an bestimmten Stellen zu sammeln. Das erste Mal begegnen wir so einem Feld mit voller Fahrt unter Spi und denken, dass wir ein Fischernetz vor uns haben. So schnell haben wir ihn noch nie geborgen, aber beim Näherkommen sehen wir dann, dass vor uns nur eine Ansammlung aus Netzresten, Plastik- und Styropormüll treibt. Richtig schlimm.
Katharina hat inzwischen eine Vomex intus und kann sich in den Schlaf flüchten. Steffi und mir knurrt inzwischen aber der Magen und so gibt's zum Sonnenuntergang Tabule mit 2 Chorizos für jeden. Ich will die Würstchen gerade wenden, da platzt eines auf und pinkelt mir in einem langanhaltenden Strahl seinen orangenen, fettigen Inhalt über die Hose. Was für eine Schweinerei, ich zahl's ihm aber mit einem kurzen Prozess heim, die Dinger sind neben dem ganzen Fett wirklich lecker.
Als Nachtisch gibt es die von Katharina gekauften gesalzenen Sonnenblumenkerne. Das essen die Spanier am laufenden Band, aber die Kerne sind noch ganz, man muss sie also der Reihe nach knacken und mümmelt dann auf dem klitzekleinen Inhalt herum. Am besten geht das Knacken im Mund, aber das Aussortieren der Spelzen ist dann der Trick. Em Ende ist die Ausbeute meistens sehr klein, das ganze ist also eher eine Art Beschäftigungstherapie, für lange Wachen genau das richtige. Das Salz brennt sich einem allerdings nachhaltig in die Zungenspitze und ich lahme die kommenden Tage verbal gesehen ein wenig.
Die Nachtwache bringt nichts besonderes. Der Sternenhimmel strahlt intensiv, so dass es an Bord überhaupt nicht dunkel wird. Links von uns heben sich dunkel die Berge vom Horizont ab, ansonsten ist das Wasser pechschwarz und ölig glatt. Es sind viele Sternschnuppen zu sehen, teilweise richtig lange Dinger. Unter Deck schläft Katharina in der Steuerbord-Koje des Salons und Steffi und ich teilen uns abwechselnd die Backbordkoje. Dank der Kojensegel von Sven liegt man perfekt gehalten, allerdings ist es einfach schwierig, sich bei dem Gerolle wirklich zu entspannen, so dass der Schlaf nicht sehr tief wird. Dafür meldet sich Katharina nach Steffis Morgenwache (3:00-6:00) und übernimmt die Schicht von 6:00-9:00. Die Auswirkung von diesem extra Rudergänger ist genial: Ich kann sechs Stunden am Stück ruhen und bin um 9:00 toppfitt. Ein tolles Gefühl.
Die Küste neben uns wird wilder: Die Klippen sind noch höher und hier und da zieht sich eine schroffe Schlucht ins Land. Diese Flußmündungen sind allerdings zu flach für Yachten. Zwischen den weit auseinanderliegenden Häfen gibt es also keine Ankerplätze. Wahrscheinlich der Grund dafür, dass man hier so wenig Yachten sieht.
Aber jetzt genießen wir den tollen Ausblick bei einem heißen Tee und um ein frisches Mittagessen zu haben, schmeiße ich alle Haken (Thun + Makrelen) aus, womit ich gegen Mittag drei Makrelen zusammen habe. Also immer noch kein Thun...

Ausbeute des Tages: Dick und saftige Makrelen.


Als wir das letzte Kap passieren und Gijon vor uns auftaucht, staunen wir über die Größe der Stadt. Das ist ein richtiger Moloch, der uns da aus der dunstigen Luft entgegen grüßt. Der Seehafen ist richtig groß, aber wir dürfen in den Yachthafen, der direkt an der Altstadt, im Zentrum liegt. Das ist genial und der Preis toppt die Freude: 15 EUR zahlen wir hier pro Nacht. Das läßt Santander mit seinen 28 EUR und der Ferne zur Stadt, bzw. der Nähe zur Landebahn echt alt aussehen. Die Infrastruktur ist komplett, im Hafenbüro gibt's einen günstigen Internetzugang und an den Stegen Strom und Wasser. Das "Einklarieren" ist allerdings eine Zumutung. Sie wollen sogar die Nummer unserer Versicherungspolice haben. Hinsichtlich dieses Papierkriegs ticken die Spanier wirklich nicht sauber.
Die ersten Schritte durch die Stadt zeigen uns schon ihren Charme. Das kommt vor allem dadurch, dass wir direkt im Zentrum sind. Alles Einbahnstrassen mit extrem breiten Fußwegen und es brummt das Leben. Die Häuser sind völlig unterschiedlich. Manche richtig alte Prunkbauten, dazwischen moderne Architekturen und dann überraschender Weise auch völlig heruntergekommene Häuser mit eingestürzten Dächern, in denen Blumen und Bäume wachsen. Aber das scheint hier keinen zu kümmern.
Der Hafen wird durch eine Halbinsel vom Strand getrennt, der direkt vor der Stadt liegt. Er ist unglaublich lang und voller Leute. Und was für welche... Genau wie im Rest der Stadt überwiegen die SpanierINNEN und Steffi und Katharina haben eindeutig das NachSEHEN. Die männlichen Spanier machen einfach nicht viel her, aber die Frauen... Und da ist es natürlich kein Wunder, dass man bei diesen Temperaturen nur wenig Stoff am Körper trägt. ;o)
In unserem Becken des Hafens liegen die verschiedensten Nationen. Spanier sind in der Minderheit, es ist das Passantenbecken. Neben uns liegen Garry und Sue, die den Rest ihres Lebens erstmal auf ihrer Halberg Rassy 29 Mallard verbringen. Auf der anderen Seite liegen Franzosen, Iren, Norweger und gegenüber liegt ein holländisches Pärchen, das uns auf Dirk und Stine anspricht, die sie vor zwei Jahren auf dem Rückweg aus der Karibik auf den Bermudas trafen. Die beiden haben auch eine 1010 und über die Windfahnensteuerung lernten wir sie kennen. Sie haben uns während der Vorbereitungen unter die Arme gegriffen und uns mit Antworten und allen Seekarten und Handbüchern versorgt. Eine gigantische Hilfe. Danke nochmal an dieser Stelle!
Abends gehen Steffi und Katharina zum Folklore-Tanz-Wettbewerb, der schon die ganze Woche läuft. Jeden Abend tanzen dort Teams aus verschiedensten Regionen der Erde und am Ende werden die Sieger gekürt. Trotz der langen Freiwache bin ich aber einfach zu müde dazu und haue mich für spanische Verhältnisse früh um 23:00 ins Bett.

Freitag, 27.07.2007 (69. Tag)

Um 7:00 geht mein Wecker und ich ernte einen bösen und sehr verschlafenen Blick von Steffi. Aber die Fussleisten haben Pflege nötig und da man nicht im prallen Sonnenschein lackieren soll, fange ich schon so früh an, sie zu schleifen. Irgendwann kommt auch Katharina raus und hilft, während Steffi das Müsli macht. Danach brennt die Sonne allerdings wieder vom blauen Himmel, also doch kein Lackieren. Dafür brutzeln wir am Boot. Steffi mailt und ich dichte unsere letzten Lecks: Am Füllstandsmesser des Dieseltanks trat trotz Dichtung ein ganz klein wenig Diesel aus (und stank) und das Süll am Backskistendeckel war nicht hoch genug, um bei starken Regengüssen das Wasser aus der Backskiste rauszuhalten. Ich lege eine dicke Sikka-Wurst auf den Rand, lege dünne Plastikstreifen drauf und schließe den Deckel. So kann sich alles schön hindrücken, ohne am Deckel festzukleben. Bisher wirkt es so als ob es funktioniert.
Erstaunlich ist für uns die Auswirkung des Schwells. Die Wellen sind so kaum sichtbar, da sie sehr lang sind. Vor der Mole sieht man aber ab und zu die Gischt himmelhoch spritzen und eine einfache Mole vor der Hafeneinfahrt reicht einfach nicht aus, um ihre Auswirkung aufzuheben. Im Hafen sieht man keine Wasserstandsschwankungen, aber die Boote rucken die ganze Zeit hin und her in ihren Leinen. Schon nach einem Tag sieht man Schürfstellen an den Leinen und ich frage mich, wie das in Zukunft werden soll. Es ist auf jeden Fall hilfreich, die Gummidämpfer in die Leinen zu hängen, damit das Boot nicht so ruckt.

Das Becken für die Passanten. Wer findet die Apelia?


Nachmittags latschen wir geschlagene 45 min um zu einem "Centro Commercial" zu kommen. Das sind große Einkaufszentren und wir hoffen ein paar Dinge zu finden. Es entpuppt sich leider als nur ein Supermarkt (der allerdings auch sehr viel hat) mit einem Multiplex-Kino daneben. Im Supermarkt finde ich dafür einen neuen Hut für nur 3 EUR (mein alter liegt im Internetcafe in Santander) und Katharina findet neue Flipflops mit Paletten, die nicht reiben. Steffi sucht allerdings vergeblich nach einer Jeans. Sowas scheinen Frauen hier nicht zu tragen und als sie in der Herrenabteilung schaut, werden wir von der Verkäuferin ganz schön schräg angeguckt. Frauen die Männerjeans tragen scheinen völlig unten durch zu sein.
Da uns die Mägen knurren kaufen wir uns im Mc Donalds eine Pommes (schmeckt wie überall) und anschließend fragt Katharina einen Mann mit einem Yorkshire Terrier, ob irgendwo ein Bus zurück in die Stadt fährt. Er denkt nicht groß nach und sagt, wir könnten bei ihm im Auto mitfahren und wechselt danach fließend ins Deutsche. Was für ein Zufall, er wohnt in Düsseldorf und ist mit einer Spanierin aus Gijon verheiratet. Er schwärmt uns von der Stadt vor und kurvt mit seinem Jeep einen riesen Umweg um uns die Uni und den Botanischen Garten zu zeigen. Die Mädels sitzen hinten und freuen sich darüber, während ich möglichst unauffällig mit dem Yorkshire kämpfe, der auf meinem Schoss steht, haltsuchend seinen Hintern vor meine Brust presst und dauernd versucht,meine Finger abzulecken.
Abends am Hafen treffen wir den Deutsch-Spanier wieder und laden ihn ein, die Apelia zu besichtigen. Er ist mit der gesamten Sippe unterwegs und am Ende stehen wir mit ihm und der spanischen Verwandtschaft auf dem Steg und 6 deutsche und spanische Kinder klettern durch die Apelia und freuen sich über den Abenteuerspielplatz. Unglaublich, wie man so locker und schnell mit den Leuten in Kontakt kommt und wie sie sich freuen, einem Tipps über ihre Stadt zu geben. Interessant ist, dass die Spanische Verwandschaft aussieht wie Iren. Rote Haare und eher hellhäutig. Der deutsche Teil ist dagegen eher spanisch mit dunklem Teint und schwarzen Haaren. Aber in diesem Teil ist der keltische Einschlag bei der Bevölkerung angeblich deutlich zu sehen.
Garry, unser Nachbar hatte uns vom "Sidra" erzählt und heute Abend wollen wir ihn testen. Es ist angeblich ein sehr trockener Apfelwein und das besondere ist die Art des Einschenkens: Die Flasche wird mit ausgestrecktem Arm über den Kopf gehalten, der Blick geht gelangweilt in die Ferne, während die andere Hand das Glas tief unten hält und dann... Tja, also angeblich wird der Sidra dann sauber eingefüllt, aber was wir gesehen haben war eher eine große Schweinerei, bei der sicher 20% daneben gingen. Kann auch an der Menge des bisher konsumierten Sidras liegen, aber selbst die Ober kriegen es nicht ganz sauber hin. Infolge schwimmen die Straßen in dem Zeugs, aber das scheint keinen zu kümmern, alle stehen in der Brühe und saufen das Zeugs.
Mutig kaufen wir uns in einer Kneipe eine Flasche mit drei Gläsern. Das Zeug ist nicht teuer, aber deshalb gleich die Hälfte verschütten? Keine Chance, also outen wir uns als Deppen, füllen ganz gewöhnlich die Gläser und prosten uns zu. Der Geschmack ist dann allerdings eine große Enttäuschung. "Trocken" ist gar kein Ausdruck, das Zeug ähnelt eher Apfelessig und ist in unseren Augen völlig ungenießbar. Wir suchen uns eine Gruppe Gleichaltriger aus und wollen ihnen die Flasche schenken. Sie sind schon leich angeschickert und protestieren lauthals los. Dann kommt das übliche Prozedere, sie gießen uns jedem ein wenig ins Glas (der Rest geht ja auf die Straße) und erklären, dass hierdurch das Aroma erst heraus käme. Bei uns nennt man das nach meinem Wissen Dekantieren, aber der Effekt geht an uns vorbei, es ist einfach keine Besserung schmeckbar.
Für diese Kleckergießerei haben wir letztendlich nur eine Erklärung: Das Zeugs schmeckt hier einfach keinem und diese Gießerei bietet einem die Möglichkeit, das unliebsame Zeugs heimlich auf die Straße zu gießen und dabei noch eine coole Show abzuziehen. Punkt.

Samstag, 28.07.2007 (70. Tag)

Am Morgen sieht das Wetter perfekt aus: Dichte Wolken verdecken die Sonne komplett, es ist dennoch trocken und angenehm kühl. Perfektes Wetter zum Lackieren! Das Ergebnis kann sich sehen lassen, die Warterei auf gute Bedingungen hat sich gelohnt und auch in den kommenden Wochen wird sich zeigen, dass der Lack perfekt hält.

Der Strand von Gijon. Bei Flut ist der Treppenfuß überspült.


Mittags gehen wir in die Stadt um für Steffi eine Jeans zu suchen. Schon beim Lossegeln waren die alten kurz vor der Auflösung und unser Antislip-Lack hat ihnen allen am Po den Rest gegeben. Zum Glück ist der Bummel kurz. Im ersten Laden werden wir fündig und können uns bald angenehmeren Beschäftigungen hingeben: Dem Lesen von Emails aus der Heimat im klimatisierten Internetcafe. Den Rest des Nachmittags verquatschen wir mit Garry und Sue, danach gehen die Mädels in den Cirque de Soleil und ich, tja ich habe mal wieder Lust auf Konsum und will ins Kino. Hier wird allerdings alles synchronisiert, also keine Chance etwas zu verstehen. Meine Wahl fällt deshalb auf einen Actionfilm: Transformers. Auch wenn ich nie welche besessen habe, ist's doch eine Erinnerung an die Jugend und bis auf kurze Abschnitte kann ich dem Film auch ohne Sprache gut verfolgen. Ist das ein Lob für einen Actionstreifen?

Sonntag, 29.07.2007 (71. Tag)

Es ist Sonntag, also frühstücken wir groß mit Ei, Speck und frischen Brötchen. Backtechnisch ist Spanien in unseren Augen allerdings Entwicklungsland. Auf die Croissants kippen sie massenhaft Zuckerguß und die anderen Teilchen schmecken ziemlich langweilig. Trotzdem ist's natürlich herrlich, morgens in der Plicht im Sonnenschein so ausgiebig zu frühstücken und die Seele baumeln zu lassen.
Um 11:00 gehen die Mädels in die Kirche und erleben eine Turbo- oder Automatenmesse. Keine Musik, alles schnell heruntergeleiert und fertig. War ja klar, so hat man mehr Zeit für den Strand und die Flugshow, die heute stattfindet. Mit tausend anderen finden wir uns im Park der Halbinsel neben dem Hafen ein, von wo man einen herrlichen Ausblick auf die Bucht und den Strand hat. Wir sind quasi auf Augenhöhe mit den Flugzeugen und so erfreue ich mich am Eurofighter und der Mirage, die alles in Donnergrollen hüllen, der spanischen Kunstflugstaffel, der SAR-Darbietung und den anderen Demonstrationen, während die Gesichter der Mädels vor Langeweile immer länger werden.

Zuschauer der Flugshow.


Als das letzte Grollen verklungen ist dürfen wir aufbrechen und gehen an den Strand. Heute wollen wir's wissen: Die ganzen letzten Tage haben wir die teilweise riesengroße Brandung des Schwells bewundert und davon geträumt, uns dazwischen zu tummeln. Leider haben wir damit zu lange gewartet, denn heute ist das Wasser fast still. Außerdem ist Flut, d.h. der Strand wird zusehends schmaler, und man muss immer dichter aneinander rücken. Den Anblick der Flugzeuge fand ich ja schon klasse, aber was jetzt in einer Dreiergruppe von vorne immer näher an uns heranrückt verschlägt mir zusehends den Atem. Nur soviel: "Meine" Mädels finden's blöd, dass es für sie nur langweilige Stelzböcke zu sehen gibt.
Den Abend verbringen wir in Apelias Plicht und Steffi und Katharina spielen Folk-Musik. Katharina hat uns ein Buch mit Noten für Gitarre und Geige mitgebracht. Ein Volltreffer, die Stücke klingen aus dem Stehgreif heraus schon richtig gut. Später kommen auch noch Garry und Sue dazu und es wird mal wieder ein gemütlicher vertratschter Abend.

Montag, 30.07.2007 (72. Tag)

Heute soll es mal wieder Wind geben und Gijon haben wir inzwischen ja auch schon ausreichend gesehen. Zeit um aufzubrechen. "Morgens" kaufen wir ein und um 13:00 lösen wir die Leinen. Der Tagesrhythmus ist hier eben etwas weiter nach hinten verschoben. Bis wir wirklich lossegeln vergeht allerdings noch eine gestandene Stunde. Das Dieseltanken (zum ersten Mal seit Flensburg) und der Papierkram zum Auschecken brauchen ihre Zeit.
Draußen bläst es mit 4 Bft aus NO. Das ist viel mehr als wir erwarteten, also tauschen wir noch vor dem Verlassen des Hafens die Genua durch die HA Fock und müssen sogar noch das erste Reff ins Groß binden. Zumindest um aus der Bucht um das erste Kap heraus zu segeln. Mit gut 7 kn fliegen wir los. Der Schwell ist noch groß und ab und zu spritzt es. Aber das macht uns allen nichts aus. Katharina hat eine Vomex intus und der Wind ist so unglaublich warm, dass die Spritzer eine willkommene Abwechslung bieten.
Das Wasser hier fasziniert mich total. Es ist tiefblau und unglaublich klar. Man kann förmlich durch die Wellenberge hindurch schauen, wenn sie von hinten angerollt kommen und wenn die Kämme brechen leuchten die Luftblasen türkis auf. Wirklich genial.
Bis Ribadeo sind es knapp 60 nm und so kommen wir erst um Dunklen an. Wie immer sitzt Steffi unten und navigiert uns rein. Für sie ist alles ganz entspannt, aber für uns wird es etwas aufregend, da man verdammt nah an die Küste heran muss, um das Richtfeuer zu finden, was einen reinlotst. Und wenn man im Dunkeln mit 7 kn auf eine 50 m hohe Felswand zu rast und den Abstand nicht einschätzen kann, dann wird einem auch ohne Sonne und Föhnwind ganz schön warm!
Im Hafen regt sich kein Leben mehr und wir halten uns gegenseitig die Tür zum Steg auf, um nochmal auf's Klo zu können. Im Vergleich zu den bisherigen Häfen ist dieses Becken wirklich klein und schmiegt sich ganz hinten in der Bucht an den Fels. Mehrere Stege liegen voller traditioneller Jollen. Sie haben herzchenförmige Spiegel und extreme Rundungen, wodurch sie schon sehr niedlich aussehen. Noch interessanter ist allerdings ihr Rig. Das einzige Segel ist ein asymmetrisches Rahsegel. Die Rah hängt dabei extrem schief und ist sehr lang. Sie wirken völlig übertakelt, aber die kommenden Tage zeigt sich, dass man in diesem Flautenloch durchaus so fahren kann.

Dienstag, 31.07.2007 (73. Tag)

So spannend sieht Ribadeo nicht aus. Eher ziemlich verwahrlost und da eine leichte Seebrise weht, setzen wir um halb zwölf die Segel und kreuzen aus der Bucht heraus. Draußen haben wir halben Wind, aber der Schwell ist so stark, dass die Segel wiederholt anfangen zu schlagen. Es ist richtig ätzend, Katharina zeigt bald grün und wir werden alle zusehends genervter. Nach einer Stunde ist keine Besserung in Sicht und wir drehen um. Das einzige coole sind die Sportflugzeuge des Flugplatzes, der hier direkt oben auf den etwa 50 m hohen Klippen liegt. Sie drehen Platzrunden und schießen dabei auf dem Parallelanflug über dem Meer tief herab und haben sichtlich ihren Spaß.

Alte Brücke über die Bucht von Ribadeo.


Es ist heiss und für uns einfach noch zu früh um wieder in den Hafen zu gehen. Die Bucht von Ribadeo ist relativ tief und auf der Ostseite sieht das Wasser vor dem Sandstrand schön glatt aus. Perfekte Bedingungen, um unseren Anker zum aller ersten Mal zu testen! Auf 6 m Tiefe lassen wir ihn in die Tiefe gleiten und alles klappt perfekt. Er greift sofort und es ist ein gutes Gefühl, an soviel Kette zu liegen. Da unsere Kettenkralle hinter dem Bugbeschlag liegt, überträgt sich allerdings jedes Geräusch auf den Rumpf und in der Bugkoje hört man, wie die Kette beim Schwojen über den Grund rumpelt. Bei einer späteren Übernachtung vor Anker nervt das und wir legen einen Lappen zwischen Kette und Bugrolle. Im Endeffekt ist es aber gar nicht schlecht, um ein Wandern des Ankers mitzubekommen.
Das Wasser ist warm und klar, die Luft ist noch heißer und wir ankern endlich mal! Perfekte Bedingungen zum Baden! Ich nutze die Gelegenheit und tauche das gesamte Unterwasserschiff mit der Tauchbrille ab. Dabei entdecke ich vorne rechts am unteren Plankengang die Einschlagstelle der Fischkiste von der Nordsee. Das weiße Antifouling ist richtig abgeplatzt und darunter sieht man außenherum einen Rand vom alten blauen Lack und in der Mitte die schwarze Epoxiversiegelung des Holzes. Ob auch sie durchschlagen ist, ist nicht erkennbar. Ziemlich blöde, wenn sie es wäre und langsam das Wasser ins Holz zieht.
Unser "Krisenplan" steht schnell: Katharina bleibt noch bis zum kommenden Wochenende. Dann wollen wir die Apelia kranen und nachschauen. Im schlimmsten Fall brauchen wir dann eine Landliegezeit um den Schaden auszubessern.
Jetzt erstmal lassen wir uns die Stimmung allerdings nicht vermiesen. Der Strand sieht einladend aus und wir haben Lust auf ein Eis. Ich blase mir das Dinghi auf und während ich paddele, folgen mir die Mädels schwimmend. Das Anlanden ist eine interessante Erfahrung: Auch wenn das Meer noch so glatt ist, eine winzige Brandung besteht immer und aus so einem flachen Dinghi wie dem unseren wird ihre Durchquerung schnell zum spannenden Erlebnis. Ganz schön groß, so eine brechende 20 cm Welle...
Die Suche nach einer Eisbude ist leider erfolglos. Bis auf einen Parkplatz gibt es hier einfach nichts. Trotzdem war's ein schöner Ausflug und wir sind guter Dinge, als wir wieder in See stechen um gemeinsam zurück zu paddeln. Bei der ersten Welle für die ich den Bug anhebe kommt mir unsere Gummiwurst allerdings so weich vor. Komisch, wo sie doch die ganze Zeit in der heißen Sonne lag. Sicherheitshalber schwimmt Katharina erstmal und nach den ersten Paddelzügen stellen wir dann fest, dass die eine Wurst ein Leck haben muss. Sie ist weich und schwabbelig und immer wenn ich ziehe knickt sie an der Dolle so stark ein, dass wir fast geflutet werden. Kein Wunder also, dass es etwas hektisch wird bei uns. Wir paddeln gegen das Leck an und Katharina muss sprinten, um hinterher zu kommen.
Zum Glück scheint das Loch nicht groß zu sein und wir erreichen die Apelia, bevor wir absaufen. Im Ernstfall wäre das auch nicht schlimm gewesen, der aufblasbare Boden und die zweite Wurst hätten uns noch wie eine Luftmatrazze getragen.
Da der Nordwind genau in die Bucht steht, verlassen wir abends den Ankerplatz und verlegen uns wieder in die Marina. Das Heben des Ankers klappt auch wieder wie am Schnürchen. Die verzinkte Kette türmt sich allerdings stärker als gedacht im Kettenkasten auf, so dass man das Türmchen von Zeit zu Zeit umwerfen muss.

Mittwoch, 01.08.2007 (74. Tag)

Heute ist wieder ein Flautentag, also müssen wir wohl oder übel noch hier bleiben. Wir waschen unseren Klamottenberg und ich übe mich im Nähen von Hand. Der Stoff des Unterlieks vom Großsegel ist so fein, dass man schnell mal mit den Fingern Löcher reindrückte, wenn man sich am Baum festhielt. Durch das Schlagen im Seegang haben sie sich inzwischen vergrößert und ich flicke die inzwischen etwa 80 cm lange Stelle und nähe alles von Hand(!). Es geht super und wird erstaunlicherweise richtig gleichmäßig. Dank des Segelmacherhandschuhs komme ich problemlos durch die dicksten Stellen. Gut zu wissen, sollten wir auf einer längeren Passage eine Havarie haben, werden wir uns zu helfen wissen.

Blick von der Altstadt runter zur Flußmündung.


Den Mittag verschlafen wir, es ist einfach zu heiss. Katharina und Steffi bummeln danach durch die Stadt und ich nähe den Rest. Abends kocht Katharina eine Paella a la Apelia. Sehr lecker. Danach ist dann nicht mehr viel los. Die Hitze setzt uns einfach zu stark zu und wir sind richtig müde. Es reicht noch zu einer weiteren Folge der "???" (drei Fragezeichen), einem Hörspiel aus unserer Jugend. Wir regen uns alle über den Klugscheißer Justus Jonas auf und ich finde, dass Peter Shaw ein oller Schisser ist. Bob Andrews findet Steffi dagegen niedlich.

Donnerstag, 02.08.2007 (75. Tag)

Für heute sind NNW 3 angesagt. Nicht viel, aber der Schwell ist auch merklich abgeklungen. Also gute Chancen um voran zu kommen. Die nächste Bucht ist Vivero, das sind gut 26 nm, also eher ein kleiner Hoppser und so lassen wir uns morgens Zeit, bis der Nordwind auch wirklich bläst. Um 14:00 ist es soweit und dank der Genua reicht es für einen schönen Segeltag. Der Schwell ist fast weg und so kann auch Katharina alles in vollen Zügen genießen. Die schroffe Küste wird langsam wilder und wird vom Schwarzwald am Meer zu den schwedischen Schären. Auf den Bergrücken tauchen allerdings mehr und mehr Windparks auf, die da oben scheinbar eine gute Brise haben und kräftig drehen.
Die Thunfischangel hängt hinten aus, aber wie immer interessieren sich nur junge Möwen dafür. Bis auf diese kleinen Abwechslungen verbringen wir die Zeit mit dem Vorlesen des Buchs "Blueship, Zwei Männer und viel Meer". Das hat Tradition von der letzten Apeliaüberführung. Einer liest vor und so können die anderen zuhören und dabei vor sich hin brutzeln, oder eben steuern.
Gegen Abend läßt uns der Wind dann leider im Stich und wir starten die Dieselgenua. Als wir in die lange Bucht (mehr ein Fjord) von Vivero einfahren kommt von hinten eine deutsche Bavaria mit einem Einhandsegler auf. Als er uns überholt führen wir ein kurzes gebrülltes Gespräch. Er hat gerade die Biskaya gequert und ist frisch und ausgeruht, da er auf seinen Radaralarm vertraut und sich nachts einfach zum Schlafen hinhaut. Wir sollten also zukünftig eher nach kleinen, schlecht sichbaren Yachten, statt nach den Berufsschiffen Ausschau halten.
Die Bucht sieht so im Abendrot unglaublich romantisch aus und uns ist gar nicht danach, ganz hinten in den Fischerhafen zu gehen. An der Westseite liegt noch eine klitzekleine Felsinsel und direkt dahinter ankern mehrere Yachten. Nach Ribadeo haben wir ja schon etwas Vertrauen in unser Grundeisen, also legen wir uns dazu.
An so einem ruhigen Abend hat das Ankern fast etwas magisches. Diese Stille und das Gefühl autarg auf sich selbst gestellt zu leben ist in solchen Momenten am größten. Trotzdem hat man ein ganz feines Gefühl der Zusammengehörigkeit zu den Nachbarliegern und alles ist so friedlich. Nach einem Tag auf dem schaukelnden Schwell eine unglaubliche Wohltat.
Hinter uns liegt die Magic Gandalf. Es ist irgendwie ein verschrobenes Boot. Das Rigg sieht nach einem Racer aus, der Rumpf war wohl früher auch mal was schnelleres, aber inzwischen ist er zugepflastert mit allen Atributen des Fahrtenseglers. An Bord ist eine französische Familie und wir haben sie schon vor Camaret gesehen, als wir in Richtung Raz de Seine aufbrachen und sie uns entgegen kamen. Der Rumpf ist auch rot, das verbindet.
Von drüben tönt leise Akkordeonmusik herüber. Das ist ganz klar live und als sie verstummt, antworten Katharina und Steffi mit Folk aus dem neuen Buch. Herrlich!

Die Magic Gandalf hinter uns in der Abendidylle im Ria de Vivero.



Freitag, 03.08.2007 (76. Tag)

Heute kommt der große Tag. Wir wollen es bis nach La Coruna schaffen. Von Sönke haben wir allerdings eine SMS bekommen, dass der Hafen voll ist und sie zusammen mit Daniel und Eva von der entmasteten Aphrodite in Sada, gleich daneben, liegen.
Beim Frühstück genießen wir die Aussicht und freuen uns auf die Tour. Danach bin ich gerade dabei die Fock anzuschlagen, als Steffi auf die Idee kommt, sich nochmal eben zu waschen. Schwupps fallen die Klamotten und meine splitternackte Frau springt über Bord und seift sich auf der Badeplattform ab. Neben uns ist gerade ein Franzose dabei seinen Anker hoch zu winschen. Bei dieser Show wird das Ratschen allerdings deutlich langsamer. Als dann auch noch Katharina nachzieht, kommt das Ratschen fast zum Erliegen und die keifende Ehefrau im Heck muß ihm erst wieder Beine machen. Auf der anderen Seite ist es etwas ruhiger, aber auch der deutsche Einhandsegler schaut ganz verstohlen hinter seiner Sprayhood hervor. Und ich? Tja, bin ja wohl gut erzogen und sowas total gewöhnt. Ich widme mich liebevoll meiner Fock und lache mir ins Fäustchen. Unsere Nachbarn müssen mich wohl für den größten Glückspilz der Welt halten, mit den zwei Grazien auf dem Heck.
Um 11:15 bergen wir den Anker. Das geht von Hand ausgesprochen gut, vor allem das letzte Stück, wenn man dann wirklich den Anker hochzieht, geht sehr flott. Erstaunlich ist allerdings, wieviel Salzwasser man dabei in den Kettenkasten schaufelt. Wir haben den Deckel seit dem ersten Ankermanöver offen. Das Wasser verdunstet somit wieder und hinterläßt durch das Salz eine dick weiß bepuderte Kette. Bisher vermissen wir also noch keine Winde, wie uns so mancher prophezeit hatte. Nervig ist allerdings, dass die Kette beim Einholen schnell mal von der Bugrolle springt, wenn Apelia dabei zu weit herum schwojt. Jetzt sind wir auf der Suche nach einer Rolle mit höherem Kranz, bisher allerdings ohne Erfolg.
In der Bucht ist noch Windstille, aber draußen packen uns frische 4 Bft aus Ost. Genau richtig, also ziehen wir den Spi und ab geht's. Die Wellen sind schon groß und zusammen mit dem zunehmenden Wind bescheren sie uns die kommenden drei Stunden herrliche Surfs. Bis auf fast 11 kn klettert das Log maximal und es ist wirklich eine wahre Freude, so daher zu brettern. Bei jedem Kap, an dem die Küste weiter nach Süden biegt erwarten wir, dass wir den Spi bergen müssen. Aber der Wind folgt dem Küstenverlauf und so können wir alles stehen lassen und auf's Gas treten.

Mit Vollgas nach La Coruna.


Gegen 15:00 fällt mir auf, dass beim Surfen öfter mal Wasser über Deck läuft, weil wir die Nase so tief in die vorherige Welle drücken. Beim Cat ist das der Moment, wo man sich auf den Abflug vorbereitet, aber hier haben wir wohl noch ein paar mehr Reserven. Ein Blick auf den Windmesser zeigt dann allerdings, dass wir gut 5 Bft von hinten draufstehen haben. Die Entmastung der Aphrodite sozusagen klar vor Augen wollen wir es nicht übertreiben und bergen unsere Blase. Danach geht's dann nur unter Großsegel immer noch mit 7,5 kn weiter, also kein Grund zur Sorge.
Gegen 18:00 erreichen wir die weiterverzweigte Bucht von La Coruna. Die Stadt winkt uns riesengroß durch die wabernde Hitze entgegen, aber wir wollen ja weiter in die Bucht hinein nach Sada und müssen dazu mit halbem Wind dicht unter dem Nordufer lang. Sobald wir in die Landabdeckung kommen verwandelt sich die kühle Seebrise in einen heißen Föhn und wird zickig und böig. Kurz vor Sada müssen wir sogar noch ein Reff ins Groß binden, da die Böen so schlagartig einfallen und wir jetzt wirklich Angst um's Rig bekommen.
Während Katharina und ich mit den Böen kämpfen kocht Steffi unten Linseneintopf. Man könnte denken, dass es nicht wirklich das Essen für solche Temperaturen ist, aber nach dem Festmachen schmeckt es uns wie ein Drei-Sterne-Essen.
Der Hafen macht auf den ersten Blick einen absolut häßlichen Eindruck. Die kleine Stadt besteht aus häßlichen Hochhäusern und die Marina ist modern und schlicht. Dann fegt noch dieser unangenehm heiße Föhn durch jede Ecke. Ich bin völlig platt und haue mich hin, während Steffi und Katharina noch schnell zum Carrefour laufen um einen Kuchen zu kaufen. Morgen hat Katharina Geburtstag und wir wollen hineinfeiern. Von der Tour sind wir allerdings so erschlagen, dass wir Judith, Eva, Daniel und Sönke nur schnell "Hallo" sagen, bis um 0:00 ausharren, ein Stück Kuchen und ein Glas Sekt verdrücken und dann in die Kojen fallen.

Samstag, 04.08.2007 (77. Tag)

Wir beginnen den Tag mit einem großen Geburtstagsfrühstück. Die Tiefkühltorte bekommen wir zu dritt aber einfach nicht in den Griff. Gestern war sie noch so kühl, dass man locker große Stücke verputzen konnte, aber jetzt ist sie so warm, dass einem ihre Süße alle Sinne benebelt und nach einem schmalen Schnitz Schluss ist. So kommen auch noch die Crews der anderen beiden Boote in den Genuss und nach einem kurzen Schnack machen wir uns auf den Weg zur Bushalte, um nach La Coruna zu fahren.
Den ersten Bus verpassen wir um 1 min und müssen somit noch eine Stunde im Schatten des Parks ausharren. Danach klappt's und wir kommen über den Bergrücken zur vielversprechenden Stadt. Der ganze Transport hat allerdings einen Nachteil: Der letzte Bus fährt um 22:30. Ziemlich blöde, wenn man bedenkt, dass dann erst das Nachtleben beginnt. Wenn wir morgen wirklich nach Santiago de Compostella wollen, müssten wir dann wirklich auf die Uhr schauen, um rechtzeitig zurück zu sein. Außerdem würde es morgens für Katharina ganz schön eng werden, wenn sie zum Flughafen muss.

Altstadt von La Coruna.


Unser erstes Ziel ist somit der Yachthafen von La Coruna, um einen Platz zu reservieren. "Kein Problem" sagt der Hafenmeister, wir sollten einfach kommen. Den Rest des Tages verbringen wir in der Stadt, gehen lecker aus essen und kaufen für Katharina zum Geburtstag ein paar Ohrringe als Erinnerung. Die Altstadt ist ganz nett, aber am Ende hat uns Gijon mit seinem Flair und seinem brummenden Leben einfach besser gefallen. In Spanien war es die beste Stadt.
Abends legen wir ab und fangen an nach La Coruna zu kreuzen. Komischerweise zieht sich das bis zum Yachthafen hin, obwohl wir um eine Halbinsel herum segeln, also sozusagen ein U beschreiben. Der Wind gehorcht hier seinen eigenen Gesetzen.
Die letzten Meilen müssen wir mangels Wind motoren. Die Hippopotamus sehen wir im Ankerfeld liegen, aber die Besatzung ist ausgeflogen. Im Hafen bekommen wir dann locker einen Platz, aber die Nacht wird unruhig. Die Boote rucken alle an ihren Leinen und rollen hin und her. Der Schwell nervt hier wirklich extrem.


17.08.2007
So, und hier mache ich jetzt gerade mal Schluss und lade alles hoch. Ich komme gerade mit dem Tippen einfach nicht voran. Inzwischen ist Andreas zu Besuch und im Augenblick liegen wir in Bayona. Hatten viel Spaß in den Rias, werde natüerlich auch noch davon berichten, aber es ist einfach zuviel nachzuholen. Hier in Bayona gibt's ein Pub mit gratis W-Lan. Also eine gute Gelegenheit um alles, was ich bisher getippt habe hochzuladen. Der Rest kommt dann später. Danke für die Mailschwemme mit der Nachfrage nach mehr! ;o)
Morgen wollen wir zu einem großen Stück (60 nm) aufbrechen. Unser Ziel ist der Hafen von Porto, dabei übersegeln wir also dann die Grenze nach Portugal. Wieder ein Land weiter, bin mal gespannt.

Ansonsten ist hier alles im grünen Bereich. Viel Sonne, auch mal viel Wind, aber Apelia schlägt sich prächtig und wir haben inzwischen an einer Insel geankert, die einem schon einen karibischen Eindruck vermittelte. Geniales Revier hier die Rias in der NW-Ecke Spaniens!