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Von La Coruna nach Vigo

Wir liegen mangels Wind in Nazaré fest. Irgendwie ist dieses Tourikaff ein richtiges Flautenloch. Es liegt südlich eines Kapps, um das ein herrlich frischer Wind weht. aber 3 Meilen südlich von hier ist der Wind wie ausgeknippst. Das haben wir Vor-vorgestern mit Andreas gemerkt, der uns vorgestern verlassen hat. Seitdem herrscht hier Trauer. Die Zeit mit ihm war herrlich und verging wie im Flug. Die Bedingungen waren die Tage mit ihm einfach genial. Immer ein kräftiger Nordwind, der uns surfend nach Süden schob. Wir sahen viel und kamen gut voran, was aber noch viel wichtiger ist: Wir haben die gemeinsame Zeit in vollen Zügen genossen und als sein Bus aus dem Bahnhof verschwand wurde mir plötzlich richtig bewusst, was wir hier vorhaben. Seit drei Monaten sind wir jetzt unterwegs und unser Leben ist schon Routine und Alltag geworden. Dabei verbinden wir das Segeln eigentlich mit Urlaub, der irgendwann zuende ist. Und wir haben jetzt noch nicht mal ein Viertel unserer Auszeit abgerissen. Noch über ein Jahr liegt vor uns.
Das, und auch der Umstand, dass wir jetzt wirklich an die fremderen Orte kommen und wieder komplett auf uns selbst gestellt sind hat mich beim Abschied richtig stark berührt. Mir ist unser Abschied aus der Heimat und die Dauer, die wir unterwegs sein werden erst jetzt so richtig bewusst geworden und ich musste wohl ein Tränchen verkneifen, als Andreas Bus in der Ferne verschwand.
Dieser Punkt scheint hier mehrere Leute zu erwischen. Steffi war schon durch, konnte es aber nachvollziehen. Gestern Abend ging eine Hurley 500 aus Köln bei uns längsseits. Rolf, Rentner und ein waschechter kölscher Jung ist damit einhand unterwegs, aber von köllschem Frohsinn war wenig zu spüren. Er vermisse seine Frau, seine Enkel und seinen Freundeskreis, hätte nie gedacht, dass er so heimatverbunden sei und anstatt seinen Jugendtraum auszuleben und wie wir es planen eine Runde um den Nord-Atlantik zu drehen habe er jetzt beschlossen, das Boot an der Algarve überwintern zu lassen, heim zu fliegen und nächstes Jahr gemeinsam mit seiner durch die französischen Kanäle heim zu dampfen.
Ich denke, dass es auch eine Form von Freiheit ist, so einen Entschluss fassen zu können und die Tour "abzubrechen". Bis jetzt wollen wir schon noch weiter, aber wenn es uns ähnlich ergehen sollte, werden wir hoffentlich nicht zögern und ähnlich frei in unserer Entscheidung sein. Aber keine Bange! Erstmal geht es weiter (wenn denn mal Wind kommt)! Inzwischen sieht man in fast jedem Hafen Leute wieder, die ähnliches vor haben. Viele Rentner, die jetzt bald linksherum ins Mittelmeer abbiegen, aber auch viele Leute aller Altersklassen, die weiter in die Karibik wollen. Wir gehören allerdings zu den kleinsten und am einfachsten ausgerüsteten Booten. Die meisten sind mit Kartenplottern, Windgeneratoren, Watermakern und allem Kram ausgestattet. Alles angenehmer Luxus, gegen den wir uns allerdings bewusst entschieden haben. Gestern sprach uns eine Norwegerin an, wo wir hin wollten (sie wollten mit ihrer Jeanneau 45 mit der ARC in die Karibik) und es war zum Totlachen, wie sie fast achteraus vom Steg stolperte, als Steffi sagte, dass wir ähnliches vorhätten. Auf Steffis Nachfrage, ob sie unser Boot für zu klein hielte, kam sie aus dem Stottern gar nicht mehr heraus und stammelte etwas von "sehr schönem Boot". Offensichtlich hält sie uns allerdings eher für naive Spinner.
Aber wir lernen auch sehr liebe Menschen kennen. Barbara und Boris + Kinder von der RoXannegehören ja schon zu unseren "Langzeitfreunden" und seit Vigo haben Britt und Axel von der Hello World uns schon öfter mal unter ihre enorm gastfreundlichen Fittiche genommen. In Leixoes (Porto) lernten wir noch ein holländisches Paar kennen, deren Boot eindeutig nach Langfahrt aussieht, und das wir im Solent auf der harten Kreuzerei nach Yarmouth überholten und fotografierten. Sie erkannte uns wieder und sprach uns an und nachdem auch wir schalteten und ihnen die Fotos kopierten, gab's als Dankeschön einen Beerenschnapps aus Terschelling. Hat sich also schon gelohnt. :o)
So, jetzt will ich aber mal wieder das Tagebuch aufarbeiten. Heute soll nur wenig Wind sein und Schwell gibt's auch nicht, evtl. komme ich also auch tagsüber zum Tippen und schaffe es, endlich mal wieder bis heute aufzuholen...


Sonntag, 05.08.2007 (78. Tag)

Gestern Abend waren wir nach La Coruna gekreuzt um heute nicht auf die Busverbindungen nach Sada angewiesen zu sein, denn wir wollen nach Santiage de Compostella, DEM Pilgerort am Ende des Jakobsweges. Relativ früh machen wir uns auf zum Busbahnhof und nehmen den Fernbus. Zugfahren soll hier in Spanien relativ teuer sein, was allerdings aufgrund des perfekt ausgebauten Busnetzes völlig egal ist. In jeder größeren Stadt gibt es einen richtigen Busbahnhof, die Busse auf den Hauptwegen fahren fast stündlich und sind mit Klimaanlage und ausreichender Beinfreiheit eine sehr angenehme und vor allem günstige Art der Fortbewegung. Also auch kein Wunder, dass sie ganz gut belegt sind.
Santiago überrascht mich ziemlich. Im Gegensatz zu meinen Erwartungen ist es eine eher verschlafene Stadt. Lediglich im Zentrum um die Kathedrale tummelt sich das Leben (=die Touristen), ansonsten herrscht eine idyllische Ruhe.
Wir sind hungrig als wir ankommen und genehmigen uns neben der Kathedrale eine Portion Empanadas. Das sind gefüllte Teigtaschen und nach dem ersten Bissen stellt sich heraus, dass sie mit Miesmuscheln gefüllt sind. Nicht so mein Ding, ich knabbere den Teig "um den heißen Brei herum" ab und überlasse den Rest den Mädels.
Von unseren Plätzen haben wir einen perfekten Ausblick auf die Kathedrale. Sie ist eindeutig alt (Baubeginn: 1078, Fassade: 18. Jh.). Die Steine des Mittenschiffs auf unserer Seite sind richtig verwittert und hier und da wachsen Mauerblümchen in den Ritzen. Das gefällt mir unheimlich, so sieht man dem Bauwerk sein Alter eindeutig an und es wirkt in meinen Augen viel beeindruckender, als die meisten frisch renovierten Kirchen in Deutschland.

Blumenpracht in den Ritzen der alten Gebäude.


Vom Besuch der Kathedrale habe ich die Nase dann ziemlich schnell voll. Ich bin nicht gläubig, aber die Art wie die meisten Touristen hier durch stolpern, hier und da was ablichten und im Souvenirshop verschwinden läßt in meinen Augen jeglichen Respekt vor einer Religion vermissen. Am schlimmsten empfinde ich dies in der Krypta: In einem silbernen Schrein sind die Gebeine des heiligen Jakobus aufbewahrt und als ich leise hinein gehe, kniet ein Mann richtig tief versunken in ein Gebet davor. Ich drücke mich auf Zehenspitzen an der Wand entlang und empfinde mich eindeutig als Eindringling, da stolpert eine Horde Jugendlicher in den Raum, beschallt uns mit den Intromelodien ihrer Digitalkameras, und fängt schnatternd an, den Schrein abzulichten. ÄTZEND!
Nach der Kathedrale bummeln wir noch etwas durch die Altstadt und machen im Stadtpark Siesta. Sie besteht darin, dass wir im Schatten eines Baumes ein Eis genießen und uns gegenseitig aus dem Blueship-Buch vorlesen, einem Segel-"Bericht" von zwei absoluten Lebemännern und Draufgängern, die auf ihrem Katamaran die Welt umsegelten und so manches Abenteuer bestehen.

Ausruhen im Schatten der Kathedrale.


Zurück in La Coruna ist es kalt und die Wolken hängen tief. Ab und zu zieht ein Schauer durch, richtig fieses Wetter, wie wir es seit Wochen nicht mehr erlebt hatten. Die Erklärung ist wie aus dem Lehrbuch: Heute zieht eine Kaltfront durch. La Coruna ist heute dran, Santiago liegt weiter östlich, wird sie also auch noch abbekommen, aber für heute durften wir diesen Ort noch bei Sonne genießen.

Montag, 06.08.2007 (79. Tag)

Ich hatte dies ja schon im vorherigen Tagebucheintrag geschrieben: Heute verläßt uns Katharina und wir sind dementsprechend traurig. Morgens geht ihr Bus zum Flughafen und macht den Abschied relativ kurz. Wir winken ihm nach, bis er im Gewimmel verschwindet und bleiben mit einem irgendwie leeren Gefühl zurück. Hinzu kommt, dass sich heute unsere ungewisse Zukunft entscheidet, denn um 10:00 sollen wir in Sada sein, damit wir die Apelia kranen und die Einschlagstelle am Bug untersuchen können. Dann wird sich klären, ob wir weitersegeln können, oder eine Zwangspause einlegen müssen.
Beim Zahlen zockt uns der Hafenmeister nochmal richtig ab: Beim Einchecken meinte er noch jovial, dass wir erst am Ende zahlen sollten. Wir wollen aber noch den Yacht-Paß kaufen, der in den Marinas Galiziens gilt und einem einen Rabatt bringt. Beim Auschecken verkauft er ihn uns, stempelt in allerdings erst ab dem Abreisetag als gültig, wodurch wir in La Coruna noch den vollen Preis zahlen müssen. Der Rabatt ist maximal 2,50 EUR, also alles keine großen Beträge, aber die Art, wie der alte Sack mit uns umgeht ist ziemlich arrogant und asozial.
Von deutscher Pünktlichkeit (hält uns die Hafenmeisterin in Sada nachher spaßeshalber vor) ist bei uns keine Spur mehr: Erst um 10:00 verlassen wir diesen schwelligen Hafen und sind wirklich froh darüber. Diese Ruckerei an den Leinen wurde immer ätzender, dabei wird der Hafen durch eine ewig lange Mole geschützt. Wie wir dann draußen sehen, geht dort wirklich die Post ab, aber erstmal entdecken wir draußen im Ankerfeld immer noch die Hippopotamus und drehen eine Ehrenrunde um sie. Eigentlich wollten Sönke und Judith schon gestern Abend los um weiter nach Süden zu kommen, aber sie haben inzwischen festgestellt, dass ihr Achterstag zu lang ist und müssen heute auch nochmal nach Sada für einen neuen Terminal.
Also kein großer Abschied, wir nehmen die Segel dicht und rauschen bei herrlichen 4 Bft raus in Richtung Bucht. Aus dem Schutz der Mole sehen wir schon den Schwell und einmal draußen sind wir völlig beeindruckt von seiner Größe. Die Wellen sind gut 3-4 m hoch und sicher 100 m lang. Es ist ein unglaubliches Gefühl, durch diese langen Monstren zu segeln, die aus irgend einem Sturm über dem Atlantik stammen und ihren Weg bis hierher gefunden haben. Vor allem diese Lautlosigkeit und Geschwindigkeit, mit der sie sich unter uns durchschieben hat etwas gespenstisches an sich. Für uns sind sie allerdings harmlos, denn das Wasser ist hier tief genug, so dass keine Brecher entstehen. An den Klippen zu unserer rechten sieht man allerdings die Gewalt, die Gischt spritzt meterhoch.

Typische "Leckereien" der Region.


Mit der HA Fock und dem vollen Groß sind wir etwas zu üppig besegelt und kämpfen uns gegen den Wind an. Der Schwell kommt aus einer völlig anderen Richtung, was auf einem Kurs ziemlich ätzend zu steuern ist, aber wir kommen flott voran. Nach der letzten Winde springt uns eine Bö regelrecht an. Dazu kommt noch eine extra große Welle und ich klammere ich mich am Zepterfuß der Reling fest. Apelia krängt weit über und das Wasser schießt an der Kajüte entlang in die Plicht, genau dahin, wo Steffi auf der Leebank sitzt und an der Winsch kurbelt. Sie sitzt auf der Bank wie in einer Badewanne und schaut mich sowas von böse an, dass ich lieber wieder stur nach vorne blicke und mich auf's Steuern konzentriere.
Es ist nicht wirklich ernst, Steffi weiss, dass ich in dem Moment nichts anderes machen konnte, aber zum Frustabbau verzieht sie sich erstmal nach unten und mümmelt sich nach dem Abtrocknen in die Koje. So süß kann Schmollen sein.
Kurz vor Sada sehe ich SB voraus eine Schule großer Tümmler schwimmen. Sie sind ziemlich dicht unter Land, wo ich mich nicht hintraue, aber wir passieren sie in 100 m Abstand, was Steffi wieder ans Licht lockt. Gerade als wir sie querab haben, löst sich eines der größten Tiere (etwa 3 m lang) aus der Gruppe und verfolgt uns in etwa 50 m Abstand in der Heckwelle. Das Wasser ist glasklar und so sehen wir, wie er (kann auch eine "Sie" sein) dann aber plötzlich Gas gibt und knapp unter der Oberfläche auf uns zugeschossen kommt. In so einem Moment hofft man dann schon, dass er weiß was er tut. 3 m ist wirklich groß und die Tümmler können unglaublich schnell werden. Knapp neben uns taucht er dann ab, schießt unter uns durch, umkreist uns zweimal und schwimmt dann wieder ganz ruhig zurück zu seiner Herde. Er hat uns eindeutig mal ausgecheckt und wir wüssten gerne, als was Delphine uns eigentlich wahrnehmen.
Martina, die Hafenmeisterin erinnert sich an uns und organisiert den Krantermin für morgen, da heute zuviel los ist. Der Marinero vom Kranservice ist unglaublich nett und hilfsbereit und legt den Termin kurz vor die Mittagspause. Über die Siesta bleibt Apelia dann im Kran. Ist der Schaden nur im Antifouling können wir es überstreichen und fertig, ansonsten wird sie danach aufgebockt und können wir uns Zeit lassen. Erleichtert, dass das geregelt ist können wir uns etwas entspannen, allerdings bleibt ein Gefühl wie kurz vor'm Zahnarztbesuch.
Nachmittags trudelt die Hippopotamus ein, auf der Daniel und Eva mitgesegelt sind. Wir organisieren ein Tapas-Essen bei uns und jeder bringt etwas mit. Das wird ein leckerer Abend und wir drängen uns alle sechs in die Apelia, denn draußen wird es nach dem Sonnenuntergang ziemlich frisch.

Dienstag, 07.08.2007 (80. Tag)

Den Morgen treten wir erstmal bei der Hippopotamus an und helfen Judith dabei, Sönke in den Mast zu winschen, wo er den Achterstag zum Kürzen abmontiert. Danach machen wir die Apelia klar zum Kranen und lungern dann angespannt herum, bis wir um 13:30 dran sind.
Das Kranen an sich klappt dann wie am Schnürchen. Der Wind steht inzwischen mit guten 6 Bft in die Kranbucht hinein und ich bin ziemlich angespannt, als ich uns achteraus unter den riesigen Travellift manövriere. An jeder Ecke steht allerdings ein Marinero und nimmt unsere Leinen entgegen und bevor wir auch nur irgendwo anstoßen können hievt uns der Kran schon in die Höhe. Angespannt können wir es kaum abwarten, bis Apelia endlich über dem Beton schwebt, aber dann folgt ziemlich schnell die Entwarnung. Die Epoxiversiegelung ist 100% in Ordnung und mit dem Auftupfen einer neuen Lage Antifouling ist das Problem behoben. Auch an zwei anderen Stellen, an denen das Antifouling von der letzten Kranaktion abgeschabt war erneuern wir es. An einer Stelle wächst dabei schon ein wenig Grün, so schnell ist hier alles bewachsen.
Ab Spanien sind sie uns aufgefallen. Wir wissen nicht wie sie heißen. Manche nennen sie "Dieselfische", für uns sind es "Antifouling-Junkies": Fische, die bis zu 50 cm lang werden und in Massen in den Häfen herumschwimmen. Tagsüber scheben sie meist träge im Schatten der Stege herum, aber abends sieht man überall ihre Rücken aus dem glatten Wasser gucken. Angeblich haben sie viele Gräten und da sie sich von allem was so in den Häfen herumschwimmt ernähren, werden sie nicht geangelt. Von uns haben sie ihren Namen bekommen, da sie sich auch vom Grün der Unterwasserschiffe ernähren und dabei zwangsläufig auch Antifouling aufnehmen müssen. Die Spuren ihres "Schaffens" können wir auf jeden Fall jetzt unter Apelias weißem Bäuchlein erkennen. Es ist voller Bahnen, an denen der grüne Schleim abgefressen wurde. Das sieht fast aus wie ein modernes Gemälde.

Apelias blankgeknabbertes Bäuchlein.


Nachdem die Arbeiten erledigt sind, setzen wir uns mit dem Laptop ins Marinaoffice und nutzen das kostenlose W-Lan. Jetzt können wir uns so richtig entspannen. Unter der Wasserlinie sieht alls in Ordnung aus und wir haben auch noch den Propeller abgeschabt und neu mit Melkfett eingerieben. Das scheint super zu gehen. Er war zwar jetzt leicht mit einem grünen Bewuchs überzogen, aber mit dem Spachtel konnte man ihn locker herunterkratzen und darunter kam die von mir im Winter blank polierte Bronze zum Vorschein. Apelia baumelt solange in den Gurten, der Wind hat inzwischen noch weiter aufgefrischt, aber der riesige Kran hält sie sicher fest.
Nach der Siesta trudeln die Marineros wieder ein. Als Apelias Badeplattform auf Höhe der Mole hängt steigen wir wieder auf, wieder im Wasser entlüfte ich die Stopfbuchse und kurz darauf liegen wir wieder sicher in unserer Box.

Apelias Siesta im Kran.


Den Rest des Tages schlendern wir durch Sada und mailen noch, bis das W-Lan knistert. Als wir in der Dämmerung nach Hause kommen, hängt eine Nachricht von Sönke am Niedergang, ob wir mal unsere Meinung zu seinem Deck abgeben könnten. Das klingt nicht gut und bei der Hippo sehen wir dann das Problem: Die Stütze unter dem Mastfuss liegt zu weit vorne und so drückt sich der Mast langsam dahinter ins Deck. Das ist auch der Grund, weshalb die beiden den Mast nicht richtig getrimmt bekamen. Ich wusste nicht, das GFK sich soweit verformen läßt, aber die Verwerfung im Deck ist nicht zu übersehen.
Gemeinsam gucken wir uns alles an. Wahrscheinlich ist ein Knie zur Abstützung des Decks die beste Lösung. Auf jeden Fall wird wohl nichts aus der Weiterfahrt morgen früh. Judith und Sönke sind zunächst mal "gegroundet" und müssen diese größere Reparatur in Angriff nehmen. Was für ein Scheiß, soweit ab von zu Hause, aber bei ihnen bleiben auch noch Eva und Daniel, die auf den neuen Mast für ihre Aphrodite warten.
Für uns sind diese Probleme auf jeden Fall ein warnender Zeigefinder. Das Material wird unter diesen Dauerlasten extrem beansprucht und durchlebt auf unserer Fahrt sicher mehr als drei Saisons. Falle, Püttinge und das stehende Gut werden wir zukünftig noch genauer inspizieren. Am besten ist was aber wahrscheinlich, sich immer aufmerksam über das Boot zu bewegen und damit eigentlich dauernd alles im Auge zu behalten.

Mittwoch, 08.08.2007 (81. Tag)

Wir wachen relativ früh auf und sind voller Tatendrang. Endlich geht es weiter und das Wissen um Apelias guten Zustand beflügelt uns nochmal zusätzlich. Außerdem haben wir gestern eine Mail von Barbara bekommen, dass sie sich träge mit der RoXanne in den Rias herumtreiben. Es gibt also die Möglichkeit, zu ihnen aufzuschließen, nachdem wir uns in Camaret voneinander verabschieden mußten.
Beim Lossegeln weht nur ein leichter Wind, aber inzwischen kennen wir die Eigenheiten der spanischen Rias. Sie reichen weit ins Land hinein, dass sich tagsüber stark aufheizt und somit seine Frischluft durch die Buchten ansaugt. Nachmittags weht der Wind dann mit guten 7 Bft in die Rias hinein, also haben wir vorsorglich nur die kleine H-Boot-Fock gesetzt.
Aus der Bucht müssen wir noch kreuzen, "klinken" uns dann draußen aber in den kräftigen Nordwind ein und sausen mit raumem Wind nach Süden. Leider folgt der Schwell auch heute nicht der Windrichtung, fällt halb ein und nervt damit ganz gewaltig. Wir rollen kräftig hin und her und den ganzen Tag kämpfe ich etwas mit mir selbst. Dabei sind die Bedingungen eigentlich genial. Strahlend blauer Himmel, strahlend blaues Wasser, die mehrere 100 m hohen Klippen zu unserer Linken und dann auch noch diese Sausefahrt.
Vor allem dieses endlose Wasser ohne ein Lebenszeichen hat es mir angetan und ich träume auf meiner Wache so vor mich hin, als ich voraus ein Treibgut sichte, in dem eine Möwenfeder steckt. Auf dem nächsten Wellenberg sehe ich nur noch den grauen Klumpen im Wasser, aber keine Möwenfeder mehr. Wir nähern uns rasant und als wir das vermeintliche Treibgut passieren, kann ich es endlich identifizieren: Neben uns schwimmt ein kleiner Mondfisch! Das muss ein richtiges Baby sein. Sein Durchmesser ist etwa 40 cm und es treibt einfach nur so an der Oberfläche herum, während seine Rückenflosse (die aussieht wie eine Möwenfeder) etwas haltlos in der Luft herumrudert. Das sieht unglaublich niedlich aus, aber wegen unserer 8 kn Fahrt verschwindet das Baby schnell in unserem Kielwasser.
Das Einlaufen in die Bucht von Camarinas ist ziemlich kniffelig. Man sieht die Untiefen nicht, aber ein Blick in die Karte genügt, um Steffis Anweisungen exakt zu folgen. Dicht unter den nördlichen Klippen hangeln wir uns dahin, halten dann die Kirche am Südufer in Peilung mit der Bergspitze und folgen danach einem weiteren Richtfeuer. Je weiter wir in die Bucht kommen, desto giftiger fallen die Böen ein, bis es am Ende mit durchgehend 6-7 Bft aus NO bläst. Das ist genau die Windrichtung, bei der der Hafen ungeschützt ist und obwohl die Wellen nur die Bucht als Anlaufstrecke haben, sehen wir die Yachten wie wild hin und herschaukeln. Die Ankerlieger weiter in der Bucht liegen dagegen fast still (obwohl auch dort unter Land schon eine Welle von 20 cm steht), so dass wir beschließen, unseren Anker dieser ersten Bewährungsprobe zu unterziehen.
Wo man den Anker in einem Feld anderer Yachten wirft, dazu fehlt uns noch die Erfahrung. Wir liegen am Ende 5 Bootslängen schräg hinter einem Engländer, aber er bedeutet uns, dass ihm der Abstand reicht und so müssen wir zum Glück keinen zweiten Anlauf starten. Das erste Mal ist schon spannend genug. Selbst hier dicht unter Land heulen die Böen durch's Rigg und drücken uns hin und her. Das saubere Legen des Großsegels ist echt kein Kinderspiel und wir sind froh, als an Deck alles aufgeklart ist.
Der Bügelanker hat direkt gehalten und mit sechs mal der Wassertiefe als Kette können wir eigentlich ganz entspannt sein. Beim Schwojen knarrt allerdings die Kette auf der Bugrolle, so dass ich einen Lappen darunter lege. Dann ist endlich Ruhe und unter Deck bekommt man von dem Getöse gar nichts mehr mit. Es ist sogar richtig gemütlich, sich in unsere Hundehütte zurückzuziehen und dieses autarke Liegen ohne Hafen hat was ganz abenteuerisches.

Donnerstag, 09.08.2007 (82. Tag)

Der Wind hat die ganze Nacht geheult und auch heute morgen pusten uns noch die 6-7 um die Ohren. Trotzdem haben wir sehr gut geschlafen und die Aussicht, heute Abend in den Rias bei der RoXanne anzukommen steigert nochmal unseren Tatendrang.
Aus Steffis Schwimmplänen machen die 14 Grad C Wassertemperatur nur einen Ausflug von einer halben Bootslänge. Das ist einfach zu kalt. Dafür ist's im Boot gemütlich warm und nach dem Frühstück und dem Aufräumen machen wir uns gemeinsam mit vielen anderen Yachten auf um weiter nach Süden zu fahren.
Die anderen Boote haben eindeutig einen Kartenplotter und nehmen die Abkürzung dicht unter Land. Das ist uns allerdings zu knapp, also navigiert Steffi uns weiter außen herum, wodruch wir ins Hintertreffen geraten. Aber vor dem Wind gegen diese großen Eimer haben wir eh kaum noch eine Chance.
Mittags musizieren wir, bis eine Gruppe von 6 Delphinen auftaucht (ich glaube sie heißen "Gemeiner Delphin") und unseren Bug umschwirrt. Darunter ist auch ein Baby und wir flippen fast aus, so niedlich sieht es aus, mit seiner knubbeligen Rückenflosse. Wir fahren unter Windfahne und so können wir beide auf dem Bug liegen und zusehen, wie die Delphine 1 m unter uns daher schießen. Ab und zu geben sie Gas und springen, aber ansonsten halten sie sich dicht an unserem Bug und wir können sie fast berühren. Wir bestaunen ihre scheinbar 100%ige Einschätzung ihrer Umgebung. So ganz genial ist sie dann allerdings doch nicht, einer touchiert mit seiner Schwanzflosse unseren Bug und wir hören ein deutliches "tack".

Unsere flotten Begleiter.


Um 12:30 runden wir das Cabo Finisterre, was allerdings im Gegensatz zu unseren Begleitern völlig unspektakulär ist. Danach nimmt der Wind dann leider immer mehr ab, so dass wir irgendwann unter Spi raumschots kreuzen, um im Schwell noch etwas Druck zum Stabilisieren zu haben.
Zum weiteren Test unserer Funkanlage (geht immer noch nicht richtig), habe ich die neue Antenne an das alte Kabel geklemmt und mit dem Spifall ziehen wir sie in den Mast. Stündlich rufen wir die RoXanne, bekommen allerdings keine Antwort. Erst als wir gegen 20:00 vor den Eingang des Rias kommen und damit kein Höhenzug mehr zwischen uns liegt, bekommen wir eine Antwort von der gefrusteten Barbara. Sie konnten uns schon seit Stunden hören, da wir mit großer Leistung sendeten. Da ihr niederländisches Gerät allerdings auf Kanal 77 mit geringer Leistung sendet, konnten wir sie nicht hören. Das ist aber alles kein Problem, entscheidend ist, dass wir den Fehler in unserer Anlage gefunden haben: Die neue Antenne, die wir kurz vor dem Stellen des Mastes noch installiert hatten.
Es ist schön, Barbaras Stimme zu hören, aber bis wir sie endlich im Porto Deportivo de Caraminal begrüßen können, müssen wir noch den ganzen Ria de Arousa hineinkreuzen. Zum Glück haben wir von Dirk und Stine eine sehr detaillierte Karte des Rias bekommen, denn er ist gespickt mit Steinen und Untiefen und es wird langsam dunkel.

Ab in den Ria de Arousa.


Am Horizont sehen wir ein seltsames Phänomen: Es müssen Luftspiegelungen sein, auf jeden Fall sehen wir einen Kreuzfahrer auftauchen, der doppelt so hoch erscheint, wie er eigentlich sein sollte. Wir sehen ein Spiegelbild des gesamten Aufbaus über Kopf auf dem echten Aufbau, was ziemlich bescheuert aussieht. Erst als er näher kommt wird er immer flacher und stimmen irgendwann die Proportionen. Kurz bevor er dann wieder hinter dem Horizont verschwindet wird er allerdings wieder entstellt. Ein komischer Effekt.
Um 23:00 navigiert Steffi uns zwischen den Muschelzuchtstationen in den Hafen von Caraminal und gleich vorne dran entdecken wir die RoXanne. Die Fock ist schon geborgen und wir wollen gerade das Groß herunterlassen, da piept die Temperaturwarnung vom Motor. Es gibt ja genug Horrorstories über durchgebrannte Dichtungen, also stoppe ich ihn sofort und ziehe das Groß wieder hoch. Zum Glück herrschen perfekte Bedingungen: Der Wind fächelt nur noch mit 2 Bft durch den Hafen und zufällig auch noch perfekt entlang des völlig leeren Anmeldestegs, der etwa 50 m lang ist. Wir bereiten alle Fender und Festmacher vor, machen entlang des Steges einen Aufschießer, bergen das Groß und legen mit letzter Fahrt an. Das war einfach.
Barbara begrüßt uns, als Steffi gerade dabei ist, den Impeller zu kontrolieren. Alles sieht perfekt aus und der Grund für's Überhitzen ist schnell gefunden: Irgendetwas war scheinbar auf's Kühlwasserventil gefallen und hatte den Hebel etwas umgedrückt. Das reichte dann schon, um den Motor zu heiß werden zu lassen.
Jetzt wo wir wieder motorisiert sind, legen wir uns noch schnell neben die RoXanne. Ist nicht ganz einfach, weil ihre Bordwand so hoch ist und wir die Länge unserer Festmacher voll ausnutzen müssen. Die Wiedersehensfreude mit Barbara und Boris ist groß und obwohl wir nach der 14-stündigen Tour ziemlich gerädert sind, sitzen wir noch lange in Apelias Plicht. Es gibt einfach massig an Erlebnissen seit Camaret zu erzählen.

Freitag, 10.08.2007 (83. Tag)

Wir haben kein Obst mehr für's Müsli und wollen im Dorf frühstücken gehen. Als wir raus kommen packt Boris gerade die Kinder in den Kinderwagen, so dass wir gleich gemeinsam ein Café suchen. Wir sind spät dran und die Sonne brennt schon richtig unbarmherzig vom Himmel. Im Dorf ist ein Park mit einem dichten Platanendach angelegt, unter dem man es gut aushalten kann. Sobald man allerdings raus kommt, brennt einem die Sonne auf den Pelz und jeder Handgriff wird zur Tortur. Also spannen wir nach der Rückkehr die Persenning über die Plicht und machen Siesta. Unter dem Zelt ist es meist angenehmer als im Boot, da der kühle Seewind für ein angenehmes Klima sorgt. So sitzt Steffi nachher unten und beantwortet Mails und ich übe im Cockpit den Wechsel von C auf F auf der Gitarre. Ist sehr wichtig um "Alles aus Liebe" von den Toten Hosen spielen zu können.

Aufwachen neben der RoXanne.


Für den Nachmittag habe ich einen Wunsch: Ich will den Höhenzug hinter dem Dorf besteigen um alles mal von oben zu sehen. Wir warten ab, aber es wird und wird nicht kühler. Um 16:00 reicht es uns und latschen wir los. Die Touristinfo hat geschlossen, also gibt es keine Information zu Wanderwegen. Dabe iist die Richtung ja erstmal nicht schwer zu finden: Immer zu auf den Berg. An einer Baustelle finden wir einen Trampelpfad, der irgendwann allerdings vor einer großen Bundesstraße endet. Wir folgen ihr bis zu einem Tunnel und dann beginnt auf der anderen Seite der eigentlich Aufstieg. Allerdings nicht auf einem schönen Weg, sondern auf irgend einem alten Pfad, oder besser einer Schneise die so aussieht als hätte es hier mal einen Weg gegeben.
Man hat früher Eukalyptusbäume gepflanzt (keine Ahnung wieso), die inzwischen zu riesigen Wäldern gewachsen sind. Alles liegt voll von altem Laub und es duftet intensiv würzig nach Eukalyptusbonbon. Schön, allerdings wird der Weg immer wilder und wir tasten uns mehr und mehr durch dichtes Unterholz.
Wir haben schon die Hälfte des Berges geschafft und schöpfen langsam Hoffnung, da knickt der Weg ab, folgt auf gleicher Höhe dem Hang und geht irgendwann sogar wieder runter ins Tal. Keine Chance auf eine Alternative. Wenigstens haben wir vom höchsten Punkt mal einen Blick auf's Wasser werfen können. Wir sind jetzt gut 2 h in der Hitze unterwegs, haben langsam genug, der Rückweg kommt uns also gelegen. Bevor wir die Eukalyptuswälder allerdings hinter uns lassen sammeln wir noch ein paar Zweige mit Blättern. Barbara sagte, sie würden die Fliegen verscheuchen, aber die bei uns an Bord schienen davon nicht viel zu wissen.

Wander"weg".


Abends setzen wir unsere Segel und segeln hinter der RoXanne her in eine andere Bucht zum Ankern. Natürlich hängt sie uns an der Kreuz langsam aber sicher ab, aber ab dem Moment wo sie abbiegt und mit halbem Wind zwischen den Muschelzuchtstationen auf die Bucht losfliegt, gibt es kein Halten mehr. Es sieht unglaublich spektakulär aus, dieses riesige Segel mit 9 kn zwischen den Bänken hindurchschießen zu sehen. Wenn es einen Hauptvorteil dieser großen Boote gibt, dann ist es ihr Geschwindigkeitsvorteil.
Als wir ankommen, liegt die RoXanne zum ersten Mal vor Anker und wir hängen die Apelia einfach an einem Strick dahinter. Unsere "Kleine" sieht jetzt wirklich aus wie ein Dinghy und ich muss eine Weile in RoXannes Cockpit stehen und über unsere Hundehütte staunen, die uns schon soweit gebracht hat. Gerade von vorne (oder achtern) gesehen fällt auf, wie klein die 1010 wirklich ist. Aber sie ist "oho", denn zum Abendessen servieren wir auf der RoXanne eine Runde Tappas (Pimientos, Pattatas Bravas, Backpflaumen im Speckmantel, gebratene Chorizo, Schinken und Salat), die sich gewaschen hat. Danach können wir nur noch auf die Apelia "rollen", uns 30 m hinter der RoXanne an den eigenen Anker hängen und einschlafen.

Samstag, 11.08.2007 (84. Tag)

Die Nacht war so halbwegs ruhig, da wir ab und zu dicht von Fischern passiert wurden, die durch die Bucht motorten. Scheinbar machen sie sich einen Sport daraus, mit Vollgas knapp an den Yachten entlang zu zischen. Das Singen des Außenborders hört man schon von weitem und fragt sich unweigerlich, wie deutlich wohl das Ankerlicht gegen die Uferbeleuchtung zu sehen ist.
Als wir um 8:00 aufwachen herrscht dazu noch dichter Nebel, den wir nachts schon in die Bucht haben kriechen sehen. RoXanne ist nur schemenhaft zu sehen, also für uns absolut kein Segelwetter. Stattdessen schmeißen wir die "???"-CD ein und hören einem neuen Abenteuer zu. Allerdings geht das nicht so richtig lange, denn irgendwann wird unser Radio fast von dem Police-Hit "Roxanne" übertönt. Boris macht drüben einen auf Disco und läßt uns an ein paar klasse Stücken teilhaben. Das ist eindeutig besser als die Kombiniererei von Justus Jonas und Konsorten.
Nach dem Frühstück hat es aufgeklart und nach einer kurzen Strategiebesprechung mit Barbara und Boris beschließen wir in die Nähe von Vigo zu segeln, da Andreas morgen Abend dort ankommt. Es weht nur ein laues Lüftchen, aber da wir mit der HA Fock eindeutig besser Höhe knüppeln können, hissen wir sie statt der Genua und machen uns vor den anderen auf den Weg, wieder raus durch die Muschelstationen.

Aufbruch aus einer Lanschaft, die den Schären gleicht.


Für den Abend haben wir uns an der Isla de St. Martin verabredet, einer Insel vor dem Ria von Vigo. Als wir den Ria de Arousa verlassen, sehen wir weit entfernt die RoXanne unter ihrem Code 0 vorbei ziehen. Sie wählen den Weg über die offene See und das letzte was wir sehen ist ihre deutliche Schräglage. Das war eindeutig der bessere Zug. Wir hoffen auf Thermik, die uns allerdings sitzen läßt und so quälen wir uns unglaublich langsam dahin, bis wir die letzten anderthalb Stunden sogar motoren müssen.
Wir haben die Makrelenangel draußen und fangen im Laufe de Vormittags nacheinander 2 Stück und kurz vor der Ankunft nochmal 4 auf einen Streich. Das gab's noch nie und Steffi muß mir beim Gemetzel auf der Badeplattform helfen. So ganz problemlos komme ich damit einfach nicht klar und es bleibt jedes Mal eine Überwindung, die Fische zu töten.
Die Insel bietet schon beim Ankern einen paradiesischen Ausblick und wir wähnen uns in der Karibik: Türkisfarbenes Wasser, ein knallgelber Sandstrand, der von schroffen Felswänden eingegrenzt wird und dahinter ein dichter Eukalyptus-Urwald. Einfach unbeschreiblich schön. Die RoXanne-Crew treibt sich schon seit Stunden auf diesem Paradies herum und Boris setzt uns mit seinem Nobeldinghy über. Wir sind völlig überwältig von diesem Naturschauspiel, laufen wie die Kinder den Strand auf und ab und sammeln exotische Muscheln. ICH sammle Muscheln! Das ist wohl eher selten...

Sonntag, 12.08.2007 (85. Tag)

Heute Abend kommt Andreas! Zeit um die Apelia auf Vordermann zu bringen, zu putzen und einzukaufen. Außerdem haben wir ein echtes Zivilisationsproblem: Unseren Müll. Wir haben nur zwei Nächte hintereinander geankert und schon hat sich eine volle Tüte angesammelt. Hier müssen wir uns also noch etwas verbessern, damit wir in Zukunft besser klar kommen.

Harte Weiber: Steffi schwimmt um die RoXanne und Barbara zieht mit.


Die paradiesische Kulisse animiert Steffi zu einer morgendlichen Schwimmrunde. Das Wasser hat 17 Grad C, ich kann mich dafür also nicht erwärmen. Als sie die RoXanne umschwommen hat, läßt sich auch Barbara davon animieren und schwimmt mit. Harte Weiber... Was allerdings keiner sieht, ist dass Steffi sich hinterher völlig ausgekühlt zu mir ins warme Bettchen kuschelt. Also nichts mit "harte Weiber", eher "asoziales Pack"!
Nach dem Frühstück drehen wir eine Fotorunde um die RoXanne und düsen mit herrlichen halben 4 Bft ab in Richtung Vigo. Ein Katzensprung von 8 Meilen, in einer Stunde abgerissen.

Auf nach Vigo. Geiles Wasser, oder?




Der Stadthafen ist ein richtiger Reinfall. Wir liegen direkt im Lee der Tankstelle und da die Spanier gerne ihre Motorboote ausführen, herrscht reger Betrieb... und Benzingestank. Wenigstens liegen hinten auf den Liegewiesen der Schleudern Bikininixen, damit wird der Gestank wenigstens etwas kompensiert.
Man liegt mit dem Heck am Steg und holt sich aus der trüben Hafenbrühe eine schleimige Leine vom Grund hoch, mit der der Bug so halbwegs gehalten wird. Aufgrund des Tidenhubs von 2 m ist diese Leine aber entweder zum Zerreißen gespannt, oder so lose, dass man fast mit dem Heck an den Steg stößt. Ziemlich bescheuert, zum Glück weht hier drin nur ein schwacher Wind. Dafür scheren sich die Spanier einen Dreck um die Geschwindigkeitsbegrenzung und machen auch im Hafen dicke Wellen. Zum Kotzen. Ein Besuch bei den Klos besorgt dann den Rest. Sowas deckiges/stinkiges haben wir schon lange nicht mehr gesehen. Abartig.
In der Bootshalle treffen wir dafür einen Deutschen, der gerade sein Stromkabel zusammen lötet. Natürlich kommen wir kurz ins Gespräch und lernen einen richtig fanatischen Segler kennen: Das Boot kommt aus Breskens und die Mannschaft hat drei Wochen Urlaub. Diese drei Wochen bestehen dann darin, quasi in einem Stück und unabhängig vom Wetter über die Biskaya nach Vigo zu bolzen, sich dort einen Aufenthalt von zwei Tagen zu gönnen und dann dasselbe wieder zurück abzureißen. Ziemlich krass und garantiert nichts für uns.
Während sich Steffi nachmittags eine Messe sucht, wische ich unsere Bilge aus, die es nach 3 Wochen wirklich nötig hat. Was der Mensch so an Schuppen und Haaren absondert ist jedes Mal wieder erstaunlich. Vor allem im Süden müssen wir hier etwas reinlicher werden, damit sich keine Kakerlaken und andere Tierchen ansammeln.
Nachdem wir abends mit allem fertig sind, kommt plötzlich eine Frau auf einer Kreuzung aus Kajak und Surfbrett durch den Hafen auf uns zugepaddelt. Es ist Britt von der Hello World, die tagsüber schonmal ihre Visitenkarte in unsere Plicht gelegt hatte. Zusammen mit Axel ist sie auf der Sunbeam 530 unterwegs und sie wollen es in fünf Jahren um die Welt schaffen. Sie liegen auf der anderen Seite des Beckens und laden uns zu einem Wein ein. Andreas soll erst gegen 23:15 ankommen, also ist das Abendprogramm geregelt.
Andreas kommt dann erst nach Mitternacht mit 1,5-stündiger Verspätung, also haben wir lange quatschen können. Ist natürlich herrlich, ihn hier im Süden auf der Apelia empfangen zu können, aber wir sind alle ganz schön k.o. und fallen ziemlich schnell in die Kojen.

Montag, 13.08.2007 (86. Tag)

Unser Morgen zieht sich ewig hin, da wir uns erstmal ausgiebig über die Mitbringsel von Andreas freuen. Neben technischen Dingen wie neuen Steckern und einem Dynema-Stropp zur Isolation des Achterstags, hat er auch kulinarische Köstlichkeiten aus Holland mitgebracht. Drop, Ontbijtkoek, Schokolade usw. LECKER!
Beim Zahlen beim Hafenmeister treffe ich den Franzosen Daniel von der Goyave mit der er für unbestimmte Zeit unterwegs sein will. Als auch noch Britt und Axel zu uns stoßen, entscheiden wir uns spontan dazu, frühstücken zu gehen, was sich dann natürlich wieder in die Länge zieht. Wir laden alle ein, was angesichts der hiesigen Preise ein Klacks ist. Wir sind sechs Personen, jeder trinkt einen Tee oder Kaffee, bekommt ein Croissant und ein kleines Küchlein und wir zahlen für alle 9 EUR.
Nachmittags machen Andreas und ich uns auf zu einem Segelladen, der uns empfohlen wurde. Wir wollen uns nach einem neuen Akku umschauen. Die Spannung des alten bricht schnell zusammen, sobald etwas mehr Strom gezogen wird. Er ist wahrscheinlich um die 10 Jahre alt, da darf er dann auch schlapp machen. Beim Bestimmen der maximalen Abmessungen entdecken wir, dass ziemlich viel Flüssigkeit im Akkukasten herum schwappt, die sich als Salzsäure entpuppt. Es war einfach zuviel Wasser in den Akkus, so dass sie beim Laden unter Maschine wahrscheinlich überkochten.
Der Besuch im Segelladen wird zum Zeichenmarathon. Wiedermal spricht keiner der Spanier Englisch, also male ich alles was wir suchen auf. Von unserer Liste bekommen wir aber nur 50% zusammen, also keine wirklich große Ausbeute. Wenigstens haben die Fender jetzt neue Socken, die sich sehen lassen können.
Abends segeln wir dann bei schwachem Wind wieder raus zur Insel und brauchen dazu geschlagene 3 Stunden. Aber wir haben ja frischen Besuch, also gibt's viel zu erzählen.
In der Bucht kommen uns Barbara und die Jungs mit der Gummiwurst entgegen gebraust und unter den fachmännischen Kommentaren von Boaz und Yoran versenken wir unseren Anker auf 5 m Wassertiefe. Da wir hier in der letzten Nacht teilweise stark rollten, baue ich uns einen Dämpfer: Am quer ausgebaumten Spibaum verknoten wir eine Leine, an deren Ende (unter Wasser) unser Eimer mit dem Beibootanker als Gewicht hängt. Die Wirkung ist sofort spürbar und außer wenn uns größere Wellen eines Fischers quer erwischen, liegt die Apelia still.

Blick auf unsere Ankerbucht der Isla de St. Martin vom Berg der Nachbarinsel.



Dienstag, 14.08.2007 (87. Tag)

So ein Mist, wir haben gestern Abend vergessen Müsli anzusetzen. Die Hilfe naht allerdings mit Boris, der eigentlich nur kurz mit dem Dinghy vorbeischauen wollte, uns dann aber nach gutem Zureden durch Steffi zum Frühstück auf die RoXanne einlädt. Wir haben allerdings unseren Stolz, pumpen unser Dinghy auf, laden es zu dritt richtig tief ab und paddeln rüber. Wenn man dann auf Meeresniveau sitzt und nur noch 20 cm Freibord hat, wird plötzlich deutlich, wie groß 20 cm hohe Wellen sind. Wir bleiben allerdings trocken und legen gackernd an der RoXanne an, wo Barbara uns mit einem gigantischen Omelett empfängt.
Den Rest des Tages wollen wir über die Nachbarinsel (Isla de Bayona) wandern und da Barbara mitkommt, bringt Boris uns mit ihrem Dinghy rüber. Wir laufen bis auf die Spitze des Berges zum Leuchtturm und merken schon hier, dass der Wind ziemlich pfeifft. Die Möwenjungen müssen richtig kämpfen, um bei ihren Eltern auf den Klippen zu landen und zeigen spektakuläre Flugmanöver.
Auf der Luvseite ist es richtig fies, und kühl. Im Windschatten ist es dagegen richtig angenehm und im dortigen Restaurant stärken wir uns mit einer Runde Tapas, bevor wir Boris eine SMS schicken, damit er uns wieder abholt.

Sturm auf der Nachbarinsel. Im Hintergrund unser Ankerplatz.


Am Anleger herrschen inzwischen ganz andere Bedingungen. Der Wind peitscht mit bis zu 7 Bft um die Ecke und zwischen den Inseln steht eine 50 cm hohe Welle. Alleine schafft es Boris noch in Gleitfahrt und wir sehen das Dinghy schon von weitem gischtumhüllt auf uns zuschießen. Der Rückweg gegen die Wellen wird dann allerdings ziemlich mühsam und wir sind alle klitschnaß, als wir bei der Apelia ankommen. Von unserem geschützten Ankerplatz ist nicht mehr viel übrig. Auch hier erwischen uns von Zeit zu Zeit heftige Böen, die unser eigenes Dinghy mal so eben auf's Kreuz legen.
Die RoXanne muß sowieso nach Vigo und da uns die Bedingungen langsam zu heiß werden, wollen wir mitziehen. Steffi nutzt dabei die Gelegenheit und schifft sich spontan bei den anderen ein. Andreas und ich kommen ja auch gut alleine mit der Apelia klar.

Unser Rolldämpfer in Aktion.


Wir bergen das Dinghy und machen uns seeklar. Den Rolldämpfer lassen wir dabei bis zuletzt hängen, was die Arbeiten erheblich erleichtert. Für die Überfahrt wählen wir die kleine Fock, setzen aber erstmal nur das einfach gereffte Groß. Als wir aus dem Windschutz der Insel heraus sind, wird schnell klar, dass dies absolut reicht. Eine Bö krängt uns soweit, dass die gesamte Kajütwand getaucht ist. Soweit lagen wir noch nie auf der Backe und das bei halbem Wind! Auch die RoXanne hat zu kämpfen. Steffi steuert und ist ganz begeistert davon, wie agil die 20 Tonnen auf das Ruder reagieren. Zu ihrer klammheimlichen Freude können wir auf der surfenden Apelia aber beinahe mithalten.
Der Stadthafen von Vigo ist inzwischen voll, so dass wir in die Marina gehen, was sich als Segen erweist. Sie ist zwar nicht so stadtnah, aber die Stadt war eh nicht der Brüller und hier liegt man direkt im Schatten eines waldbestandenen Berges, hat also einen tollen Ausblick. Außerdem, und das ist das erste Mal auf dieser Tour, entdecken wir hinten in einer Ecke der Stellplätze vier Hobie Tiger. Alle mit großen Werbeaufdrucken und technisch vom feinsten ausgerüstet. Hier gibt's wohl ein paar Regattacracks.

Mittwoch, 15.08.2007 (88. Tag)

Wieder haben wir es vergessen, Müsli anzusetzen. Die schweizer Bedienung im Hafencafé kann uns auch nicht mit einem Frühstück aushelfen, also ruft sie uns ein Taxi und läßt uns zum Centro Commercial fahren. Dummerweise ist heute ein Feiertag, also haben alle Läden zu, nur eine abgeranzte Spelunke serviert uns pappige Croissants und einen Kakao, der eher etwas zu dünnem Pudding gleicht. Wir lassen uns allerdings nicht schocken, würgen alles runter und schlendern etwas ziellos durch die Gegend. Das Wetter draußen ist fies (wird wohl wieder eine Kaltfront durchgehen) und uns zieht einfach nichts zurück zum Hafen. Wir halten sogar noch bis zum Mittagessen bei Burgerking aus, dann zieht es uns aber wieder raus ins Freie und spazieren wir die 5 km zurück zum Hafen. Vigo sieht in diesem Teil der Stadt auch nicht viel hübscher aus.
Den Nachmittag über legen wir eine umfangreiche Bastelsession ein, montieren die neue Antenne, isolieren den Achterstag mit einem Dynemastropp und können plötzlich die Deutsche Welle und superklare Wetterfaxe empfangen. Steffi hilft Boris beim Zusammenfalten seines Beiboots. Sie sagt zwar es sei seine Schuld gewesen, aber so ganz sicher bin ich mir nicht, er liegt auf jeden Fall zwischendurch mal kurz im Bach.

Morgendliches Chaos.



08.09.2007

Wir sind inzwischen in Lissabon. Die Stadt haben wir schon besichtigt und wollten die Apelia jetzt fertig machen, um nach Madeira überzusetzen. Das Tagebuch wollte ich hier auch auf den aktuellen Stand bringen, aber die gestrige Inspektion des Mastes hat unseren Plänen erstmal einen Riegel vorgeschoben: Oberhalb von fast jedem Pütting der Wanten haben wir kleine Risse entdeckt. Die anfängliche Panik wurde inzwischen vom Mastenbauer Hahnfeld-Masten in Bremen beruhigt. Sowas geschieht manchmal und mit dem Aufnieten einer Blende sei das Problem zu beheben. Was allerdings der Grund ist, ist bis jetzt noch nicht klar. Wir vermuten einen grundsätzlichen Fehler, der uns beim Einnieten der Püttinge unterlief, da die Risse übrall auftreten.
Dass wir den Mast hier im Hafen legen können war schnell geklärt, aber das Besorgen des Materials war auf den ersten Blick arg frustrierend. Ich lief einen halben Tag von Hafen zu Hafen und nirgendwo konnte/wollte mir jemand helfen. Alle versuchen einem blos ihre (schlechte) Dienstleistung anzudrehen und wenn man klar macht, dass einem das zu teuer ist und man nur Monelnieten und Aluminium sucht, gehen die Klappen herunter und keiner will einem helfen. Wirklich zum Kotzen und abends am Boot war ich extrem frustriert.
Zum Glück sprach ich dann unseren Nachbarn an, der sich als wahrer Lichtblick erwies. Er ist ein alter Marineoffizier und legt sich enorm ins Zeug, um alles für uns zu organisieren. Bis jetzt ist was Material zwar noch nicht organisiert, aber die Weichen scheinen gestellt. Montag kommt der Mast runter und dann geht's an die Handarbeit (Blenden aussägen), WENN wir bis dahin Aluminium organisiert bekommen.
Bis dahin herrscht aber erstmal Sendepause, haben anderes zu tun.