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Von Brunsbüttel nach Makkum

Noch sind wir mit einem Bein "in der Zivilisation", mailen also gerne mal unsere Erlebnisse an Euch, wenn wir einen Internetzugang sehen. Ich schätze mal wir werden mit der Zeit diesbezüglich etwas lockerer, dann werden auch die Zeitspannen zwischen den Einträgen etwas größer. Aber momentan ist ja alles noch so neu und frisch, muss also gleich zu "Papier" gebracht werden!

Als ich den ersten Teil dieses Berichts tippte, verbrachten wir gerade einen entspannten Tag auf Borkum, denn wir konnten es uns leisten. Keine Ahnung wieso, aber die Nordsee empfing uns diesmal mit offenen Armen und einem Bonbon nach dem nächsten. Seit Brunsbüttel weht ein kontinuierlicher Nordost- bis Nordwind und er hält bis heute an. Auf Borkum hatten wir außerdem so viel Sonne, dass wir uns trotz des Landaufenthalts etwas verbrannten. Inzwischen denken wir aber an's Cremen.

Jetzt segeln wir gerade von Makkum in Richtung Enkhuizen. Bis zum 12. in Ijmuiden ist ja noch massig Zeit, die wir uns auch nehmen, was uns sehr gut tut. Es ist tierisch diesig, was sich direkt auf unsere Enegierbilanz niederschläg. Dank Andreas kleiner Elektronik können wir nämlich genau überwachen, was in und aus den Akkus fließt. An einem sonnigen Tag ist die Bilanz meist positiv (0,4 A), obwohl die Logge und der GPS mitlaufen. Aber heute nimmt der Dunst der Sonne ihre Kraft und landen wir bei 0 A.

Unser mentaler Zustand hat sich seit dem Abschied nicht verschlechtert, uns geht es immer noch blendend. Keine Spur von Heimweh. Wahrscheinlich liegt es an den dauernden neuen Eindrücken und am schönen Wetter. Seltsamerweise denken wir häufiger an die Rückkehr, obwohl sie mehr als weit entfernt ist. Vermutlich liegt es daran, dass uns noch gar nicht richtig bewusst geworden ist, WIE unglaublich viel Zeit vor uns liegt. Wir befinden uns also im gewohnten Urlaubsrythmus, wo wir in einer Woche wieder heimkehren würden. Aber vor uns liegen ja noch einige Wochen und wenn es so läuft wie bisher, dürfen sie gerne kommen. ;o)

In Brunsbüttel hatten wir viel Zeit, da die Tide erst nachmittags auslief. Damit war schnell klar, dass eine Nachtfahrt anstand und da der NO-Wind noch frisch war, wollten wir gleich bis Borkum durchrauschen. So vertrieben wir uns vormittags die Zeit mit Entspannen, letzten Besorgungen und: einer Runde Joggen. Habe mir fest vorgenommen, damit anzufangen, um den Bewegungsmangel an Bord etwas auszugleichen und bis jetzt macht es auch noch Spaß.



Unsere allererste Nachtfahrt zu zweit war dank der Bedingungen extrem entspannt. Wir hielten uns immer südlich des Verkehrstrennungsgebiets und hatten durchgehend raumen Wind. Unsere Schichten haben wir auf 3 h festgelegt, was nach unseren Erfahrungen ziemlich genau unseren Schlafzyklen entspricht. Die Idee dahinter ist, dass man entspannt und einfach aus der Koje kommt, sich also zum Wachwechsel nicht gerade in einer Tiefschlafphase befindet.

Neuwerk passieren wir in der Dämmerung.


Der schwache Wind und der Schwell der Großen, die kontinuierlich neben uns her dampften, machten uns dann leider einen Strich durch die Rechnung. Apelia rollte ziemlich stark und weil alles so neu war, kamen wir nicht zu viel Schlaf. Nur direkt nach einer Nachtwache (Steffi: 21:00-0:00, Tim: 0:00-3:00, Steffi: 3:00-6:00...) war man so fertig, dass man nur noch in die Koje wollte und für eine Stunde erstmal gut schlafen konnte.

Sonnenuntergangskitsch ohne Ende.


Die Seekrankheit war auch kein Thema. Seltsamerweise stellte ich fest, dass mir leicht schwummerig wurde, wenn ich ohne Beschäftigung im Niedergang stand und in der Gegend herum sah. Übte ich dagegen Gitarre oder navigierte, war es kein Thema.

Durfte ich den Mondaufgang in der sternklaren Nacht genießen, war es an Steffi, den grandiosen Sonnenaufgang zu sehen. Die Morgenstimmung war wirklich unglaublich intensiv und schön. Alles war in goldenes Licht getaucht und die fast glatte Nordsee tat ihr übriges. Man erlebt beim Segeln den neuen Tag irgendwie bewußter, ein irres Gefühl.

Die ganze Zeit über steuerte der Windpilot und ließ uns viel Zeit für Muße. Ich nutzte sie zum Gitarre üben. Endlich klappen die Griffe des ersten Teils meines Buchs fast von selbst. Steffi kam irgendwann mit der Geige dazu und inzwischen ist "Go Down Moses" unser Liebling. Klingt wirklich geil, mit der etwas weinerlichen Geige, mit der Steffi meine manchmal etwas geschluderte Begleitung ganz gut im Griff hat.

Nachmittags zog der Wind an und wir freuten uns über 6,5 kn auf der Logge. Jaja, ist was anderes als mit dem Kat... Man freut sich als Dickschiffsegler halt auch über halbe Knoten. Als wir beide unten waren rumste es zweimal. Im Kielwasser sahen wir eine etwa 1,5 x 1 m große grüne Plastikkiste treiben. Vermutlich von einem Fischer. Von oben ist nichts zu erkennen, aber ich werde demnächst mal unter's Boot tauchen und nach dem rechten sehen. Ein Schaden bis auf's Holz wäre doof, dann müßten wir raus aus dem Wasser.

In Borkum kamen wir etwas zu früh an, mussten also gegen den Strom fahren. War aber bei den 6,5 kn kein Thema. Im Hafen herrschte reges Treiben. Zwei Segelvereine hatten einen Ausflug gemacht und die 80 Boote sorgten für viele Päckchen. Nur eine große deutsche Yacht lag alleine am Steg. Die Crew wollte am nächsten Morgen um 4:00 los und den Strom nutzen. War uns aber egal, also hatten wir einen guten Platz. Der Eigner war sehr freundlich, meinte unsere Apelia sei aber in einem sehr gepflegten Zustand. Konnten wir nicht ganz nachvollziehen, da sie wirklich ziemlich vollgesaut war und seine weiße Polyesterpracht blitzeblank glänzte, aber egal. Später klopfte unser Nachbar nochmal an und überreichte uns den Ausdruck seines Wetterfaxes. Für die gesamte kommende Woche war NO-Wind angesagt, traumhaft!

Bei diesen Bedingungen hatten wir es nicht besonders eilig und legten einen Inseltag ein. Mit zwei Mieträdern (Tandems gab's leider nicht) radelten wir den Tag über kreuz und quer über die Insel und weil Sonntag war, durfte auch geschlemmt werden. Nach dem Erlebnisbad, der Tour ins Ostland und Ostfriesentorte, die wir gegen eine aufdringliche Spatzen-Gang verteidigen mussten, waren wir abends ganz schön abgekämpft, kamen also früh ins Bett.

Radeln auf Borkum unter brennender Sonne.


Im Ostland.



Montag ging der Wecker um 4:00. War etwas hart, aber als wir um 5:00 mit kräftigem Strom belohnt wurden machte es sich bezahlt. Im Hubertgat schwenkten wir nach West, zogen beim raumen Wind (3-4 Bft) den Spi und dann gab's bis Terschelling kein Halten mehr. Boah, das war ein zehnstündiger Adrenalinrausch. Meistens bewegte sich das Log über 8 kn, in Surfs locker mal auf 9,5 und einmal auf 10,3. Die Surfs waren dabei etwas seltsam. Es gab keine sichbaren großen Wellen. Mehr so kleine frisch erregte Seen. Dazwischen müssen aber noch lange Exemplare gewesen sein, die einem so nicht auffielen. Man merkte es nur daran, dass Apelia ab und zu mal immer weiter beschleunigte und die Surfs locker mal 20 s dauerten. Das war ein irres Gefühl. Alles an Bord wurde plötzlich ruhig, man hörte nur noch das Rauschen des Wassers und links und rechts spritzte die Gischt in die Höhe. Das kam schon fast an einen Spigang mit dem Kat dran.

Die letzten 3 h verbrachten wir am Wind und gegen den Strom und kreuzten mit einer ganzen Meute von Klippern nach Terschelling rein. Ein genialer Empfang in Holland! Ich fühlte mich gleich wieder zuhause.

Wir wollten eigentlich noch einen weiteren Inseltag einlegen. Der 12. Juni in Ijmuiden ist ab jetzt ja locker einzuhalten. Irgendwie stand mir der Sinn aber nicht mehr nach Insel, sondern nach Festland. Als ich es mal vorsichtig ansprach kam heraus, dass Steffi es genauso sah, also machten wir uns am Dienstag nach einer Joggingrunde auf den Weg nach Makkum. Dort sollten Judith und Sönke mit ihrer Hippopotamus liegen. Wir hatten sie schon auf unserer Überführungsfahrt vor zwei Jahren nach Flensburg getroffen und zur Zeit sind sie auf dem Weg nach Neuseeland, also auf gleicher Route.

Zurück in heimischen Gewässern mit entsprechenden Mitseglern. Herrlich!


Und noch ein ziemlich flottes Exemplar. Etwa 8 m lang.


In Makkum gab's dann eine kleine Enttäuschung. Keine Spur von Sönke, dafür eine Email, dass sie die Woche in Leeuwarden liegen um letzte Dinge am Boot zu basteln. Schade, aber so haben wir mehr Ruhe und die kommt uns wirklich zugute. Wir bleiben den ganzen Mittwoch in Makkum, waschen, lackieren ein paar klarlackierte Stellen, wo der Lack scheinbar nicht gut hält, ersetzen die gebrochene Latte vom Groß und gehen eine Stunde am Campingplatz ins Internet. Ist ja ganz nett, mal mit Daheim zu kommunizieren, weit mehr zieht uns aber der dortige Kakadu an. Ein Männchen, das ganz verrückt nach Streicheleinheiten ist und sich am Käfiggitter windet, damit ich nur ja jede Ecke seiner muffigen Unterwäsche durchkraule. Das weckt Erinnerungen an früher.

Kraulen bis zum Abwinken.


Abends drehen wir eine lange Runde durch den Ort und freuen uns über die typischen holländischen Kleinigkeiten, drei halbwüchsige Haubentaucher, die vehement versuchen ihren Eltern unter die Flügel zu krabbeln und sie damit fast zum Kentern bringen sowie einem Bleßhuhn, das immer wieder genau unter den andächtig gründelnden Schwänen auftaucht und damit die Ruhe stört. Wirklich filmreif.

Anarchistischer Aufruf an die Hundeeigner: "Ihr Hund, Ihre Scheiße".


Jetzt sind wir gerade mitten auf dem Ijsselmeer und segeln auf Enkhuizen zu. Ist teilweise etwas unentspannt, an Tiefen unter 3 m müssen wir uns erst wieder gewöhnen. Apelia glänzt nach ihrer ausgiebigen Reinigung und heute Vormittag habe ich uns mit den Kojensegeln von Sven noch etwas seetauglicher gemacht. Sie passen perfekt und man liegt dem Gefühl nach richtig gut in ihnen. Neben den Bootsarbeiten ist die große Schlemmerei ausgebrochen. Frikandel special und Patatje met waren schon dran, Mergpijpen sind auch schon wieder fast alle, Boterkoek gab's im Watt und auf dem Einkaufzettel steht Pindakaas, Hagelslag und Vla.

Sven sagte, wir sollten keine Schweinereien mit den Kojensegeln machen. Mal sehen.


Otto und Geli: Macht Euch auf einen Schlemm-Marathon gefasst! Wir sind noch lange nicht fertig mit all den kleinen Leckereien und Widerlichkeiten.