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Auf La Gomera


Donnerstag, 04.10.2007 (138. Tag)

Geweckt werden wir heute morgen von einem unglaublich tiefen Grollen. Wir klappen die Luke auf um das Gewitter zu suchen, sehen aber stattdessen ein Raumschiff in den Fährhafen gleiten: Es ist die Trimaranfähre der Fred Olsen Linie, die coolste Schnellfähre, die ich je gesehen habe. Die Wasserlinie des Mittelrumpfs ist ein unglaublich schlankes Dreieck. Am Bug ziert es ein gefährlich aussehender Bugwulst und am Heck lassen die Jets die Gischt meterhoch toben. Die Seitenschwimmer gleichen eher schlanken Stützschwimmern, eine andere Bedeutung scheinen sie nicht zu haben und oben drauf ziert das Ungetüm eine spacig designte Brücke. Jedes Mal wenn dieses Monstrum in den Hafen einläuft gucken wir andächtig zu und freuen uns an seiner Form. Geil!

Fred Olsen Express im Anflug auf Gomera.


Wir beginnen den Tag mit einem gemeinsamen Frühstück in einer der Kneipen am Platz, was nicht ganz einfach ist, da die Spanier generell eher spartanisch frühstücken. Meist reicht ihnen ein Kaffee, aber wir haben Hunger und suchen uns Bocadillos mit Ei und einen Teller Tomaten mit Olivenöl raus.
Danach ist großes Auspacken angesagt. Bine und Christian haben sich schier die Arme lang geschleppt, damit wir hier mal wieder in den Genuß echter deutscher Schokolade und anderer Leckerlies kommen. Unter anderem haben sie uns auch 50 Fläschen Flensburger Aquavit mitgebracht, damit wir zukünftig Gastgeschenke verteilen können. Das hatten wir im Abreisetrubel ganz vergessen.

Gastgeschenk für die Ferne.


Am Supermarkt gibt es einen Marktstand mit genialem Obst und wir laden uns voll mit Mangos, Avocados und einer großen Papaya. Wir lernen dabei den Unterschied zwischen Mangos und Mangas kennen. Mangas sind die großen, die man auch (in maximal halb so reifer Form) bei uns in Nordeuropa bekommt. Mangos sind dagegen etwa halb so groß und abends beim Essen erleben wir eine kleine Enttäuschung: Sie sind unglaublich faserig und lassen sich eigentlich gar nicht in Stücke schneiden. Am besten man schält sie, stopft sich das ganze Ding auf einmal in den Mund und lutscht es aus, was dann allerdings für eine fünfminütige Maulsperre sorgt.
Im Supermarkt dann noch ein Kuriosum: Das Rübenkraut was Bine und Christian aus Deutschland angeschleppt haben, steht auch hier in den Regalen. Daneben natürlich auch Nutella, also sind wir gerettet. Die Preise sind allerdings gewöhnungsbedürftig. Portugal war da einiges günstiger.
Den Rest des Tages verquatschen wir und latschen nachmittags das Tal von San Sebastian hoch, bis wir nur noch durch ein ausgetrocknetes Flußbett laufen. Dabei entdecken wir eine Mango-Plantage und Berge verfaulender Früchte. Ziemlich seltsam, angesichts der nicht gerade günstigen Preise für die Mangos unten am Markt.
Abends gehen wir zum Club Nautico am Strand nördlich des Hafens, wo man nach Bines Reiseführer aus einer unendlichen Zahl von Tapas auswählen kann. Entweder er übertreibt, oder hier hat sich viel getan, aber die Küche sieht ziemlich zu aus. Dank Christians perfekten Spanischkenntnissen tischt uns der Ober dann aber doch nacheinander verschiedene Gerichte auf. Nicht ganz die Tapas die man so kennt, aber alles sehr lecker und auch reichlich.
Auf dem Weg zurück begegnen wir Heinz, der dicken Kakerlake (5 cm). Er/Sie reagierte gar nicht auf uns, erst als ich seinen Fühler antippe, rennt er los. Komische Tiere, irgendwie völlig lethargisch.


Freitag, 05.10.2007 (139. Tag)

Daß die Frühstücke hier nicht so ganz urlaubsmäßig sind wissen wir ja jetzt, also packen wir es selbst an. Und was wir da zusammentragen, läßt den Tisch fast zusammenbrechen: Es gibt Nutella, Honig, Mamalade von Mama Roller, Rübensirup aus D, einen Teller mit Tomaten und Olivenöl, einen Berg Mangoschnitze, lokalen Mandelkuchen und sogar Vollkornbrötchen! Das muß wohl der Einfluß der ausgewanderten Deutschen sein, oder? Christian bereitet die Papaya mit Limonensaft zu, aber er hat uns schon vorgewarnt, Papaya ist eine schwierige Frucht und manchmal riecht sie wie Kotze. Natürlich auch in diesem Fall und so kann ich mich nicht so ganz mit ihr anfreunden. Den anderen schmeckts aber.
So vollgefressen wie wir am Ende sind, ist es wohl nicht so ganz optimal, sich auf eine Wanderung zu begeben, aber wir wollen es wissen. Nach dem Reiseführer, den Stine und Dirk uns überlassen haben, ist die Wanderung zum Nachbarstrand auch kurz und einfach. Nur doof, dass wir den Anfang des Weges verpassen und dadurch die doppelte Strecke laufen.
Die Landschaft ist unglaublich karg und trocken. Die Pflanzen die hier wachsen sind ausgemergelte Gestrüppe und Kakteen und das Lavageröll klirrt unter unseren Schuhen wie Glas. Dazu brennt die Sonne vom blauen Himmel, Wolken bilden sich immer erst nachmittags.

Wanderung durch die Einöde.


Der Strand entpuppt sich leider nicht als das im Reiseführer angepriesene Highlight. Der schwarze Sand ist zum großen Teil mit Geröll bedeckt und das Wasser davor ist durch die Brandung völlig trübe. Wir schnorcheln mal raus, aber es ist einfach kein Bringer und wir drehen wieder um. Dafür picknicken wir gemütlich zwischen dem Geröll und während die anderen schon zurück stiefeln, schreibe ich noch einen langen Brief zuende. Dieses einsames Fleckchen inspiriert dazu so richtig und am Ende habe ich sechs Seiten zusammengeschrieben. Wann hat man je soviel Ruhe?

Abstieg zum "Traumstrand".


Wir beenden den Tag mit einer Salatschlacht in Bine und Christians Appartment und bemerken dabei, dass wir vom Balkon aus das W-Lan empfangen können. Man muß dazu nur die beiden Klappstühle aufeinander stellen, so daß das Laptop darauf balancieren kann. Da werden wir die kommenden Tage also andauernd in Kontakt zur Außenwelt stehen, klasse!
Abends auf unserem Steg treffen wir wieder auf Heinz, der sich nach wie vor in einem Dauerrausch zu befinden scheint und nur widerwillig den Weg frei macht. Das wird noch ein übles Ende nehmen...


Samstag, 06.10.2007 (140. Tag)

Heute ist ein schwarzer Tag: Wir begegnen den traurigen Überresten von Heinz, der dicken Kakerlake. Wie ein trauriges Mahnmal stehen die Reste des einst harten Chitinpanzers in den strahlend blauen Himmel und erinnern uns daran, dass man besser die Finger von den Drogen läßt. Wäre Heinz bei Bewußtsein gewesen, hätte er das Nahen des Todes gespürt und hätte fliehen können...
Bine und Christian wollen heute mit einem Mietwagen die Insel erkunden. Da wir seit Madeira wissen, dass diese langen Ausflüge mit dem Auto nicht so unser Ding sind, bleiben wir am Boot und legen einen Basteltag ein. Vor allem der Klarlack hat's mal wieder nötig. Kein Wunder, bei dieser harten Sonnenbestrahlung. Vielleicht wäre es sinnvoller, alles weiß zu lackieren, aber was nimmt man nicht alles für ein bißchen Optik auf sich...
Während Steffi putzt (Ihr wißt ja, die Kakerlaken...) schleife ich die gesamte rechte Fußleiste ab und lackiere sie abends, wenn sich die Wolken von der Luvseite endlich über die Berge zu uns rüber schieben.
Abends gibt es Nudeln mit spanischem "Pesto", Mojo (sprich: Mocho) genannt. Das Zeug war uns bisher nicht bekannt, aber zum Glück haben wir ja Bine und Christian, die uns die Paste näher bringen. Mojo besteht zum großen Teil aus pürierten Kräutern mit Gewürzen in Wasser und/oder Öl. Wir haben erstmal die grüne Mojo (verde) gekauft, die hauptsächlich aus Petersilie (Perejil) oder frischem Koriander (Cilantro) besteht. Vor allem das Cilantro hat es uns angetan und wir schwelgen in seinem frischen Geschmack.


Sonntag, 07.10.2007 (141. Tag)

Auf unserem Weg zum allmorgendlichen Frühstück im Appartment entdecken wir einen großen Rochen, der unter dem Steg durch fliegt. Er hat sicherlich 1,2 m Spannweite und wir verfolgen ihn, bis er in der Tiefe verschwindet. Neben den Standard-Dieselfischen (werden hier Lisa genannt) gibt es hier doch den ein oder anderen interessanten Meeresbewohner und wir verbringen viel Zeit damit, ins klare Wasser zu blicken und dem Treiben zuzuschauen.
Heute haben wir es aber auf größeres abgesehen: Christian ist leidenschaftlicher Angler und hat von seinem Vater die schwere Großwild-Rute mitgebracht. Dazu ein ausgesuchtes Sortiment an Wobblern und Blinkern. Wir staunen dabei über einen ziemlich zerfetzten Wobbler, auf den schon öfter Barrakudas gebissen haben. Das läßt uns bzgl. des Angelns etwas ehrfürchtiger werden. Wenn sie das mit dem Kunstoff anrichten, was bliebe dann im Ernstfall von unseren Fingern übrig?
Aber egal, wir sind heute im Jagdfieber und träumen von 20 kg Bestien, die wir nachher mit nackten Oberkörpern und gestählten Muskeln an Bord hieven werden! Sobald wir das Hafenbecken verlassen haben, wird an Apelias Heck alles rausgehängt was geht und so kreuzen wir wir langsam an der Südküste entlang nach Westen.

Unsere geballte Köder-Power.


Wir hatten erwartet, dass südlich der Insel ein thermischer Südwind herrscht, aber Gomeras Mikroklima folgt seinen eigenen Gesetzen und so nimmt der Westwind immer weiter ab, bis wir am Nachmittag beschließen umzukehren und den Motor zur Hilfe nehmen. Obwohl unsere Wobbler wobbeln und blinken wie die Weltmeister, haben wir immer noch nichts gefangen und langsam sinkt die Zuversicht. Sollte auch dieses Gewässer so stark überfischt sein, wie es letztlich im ZEIT-Dossier stand? Angeblich sind 80-90% der ursprünglichen Thunfischbestände ausgerottet und auch bei den anderen "leckeren" Arten sieht es nicht besser aus. Wir hätten gerne einen Dorado, aber entweder es gibt sie hier nicht, oder es geht ihnen so gut, dass sie keinen Appetit auf stupide Plastikköder haben.

Großwildangler am Werk.


Die Sonne brennt unbarmherzig und es ist heiß an Bord. In jeder Bucht liegt ein Boot mit Badenden vor Anker und das "Geknatsche" unserer Frauen wird immer lauter, bis wir die Leinen schweren Herzens einholen und direkt vor einer senkrechten Felswand den Anker werfen. Der Grund besteht aus schwarzem Sand und man denkt man könnte nichts sehen. Mithilfe des Ankers wird dann aber schnell deutlich, wie glasklar das Wasser hier ist. Bei 7 m Wassertiefe sieht man am Grund jedes Detail und auch mich packt bei diesen Aussichten die Schnorchellust, obwohl mich der 15 m hinter uns am Fels leckende Schwell anfangs etwas beunruhigte.
Sobald unsere Köpfe unter der Wasseroberfläche verschwinden schallen laute "Aaahhhhsss" und "Oooooohhhhsss" durch unsere Schnorchel und wir flippen fast aus. Ein derart klares Wasser haben wir noch nie gesehen. Es ist wie im Schwimmbad, aus 20 m Entfernung sieht man noch jedes Detail von Apelias Unterwasserschiff, ganz zu schweigen von dem Leben unter uns. Am Boden klumpen die Seeigel zusammen, wir sind umgeben von kleinen, silbrigen Fischen und an den Felsen tummeln sich ihre bunt bemalte Artverwandten. Wir geraten fast in einen Rausch und können uns kaum sattsehen. Sogar Christian, der sich nur schwer für kaltes Wasser (sprich: < 27 Grad C) begeistern kann, wagt sich irgendwann zu einem Schnorchelgang.

Mitten im Schnorchelparadies!


Leider haben wir etwas spät auf die Anker-Rufe unserer Frauen gehört und die hinter den Bergen verschwindende Sonne läßt die Pracht unter uns schnell erblassen. Um 19:00 heben wir den Anker und können sogar die Segel wieder setzen. Der Wind hat deutlich aufgefrischt, er ist uns sogar schon fast zu stark und ballert mit 6 Bft um das Kap. Mitten im Reffmanöver piept dann auch noch unser Barograph los: Sturmalarm, da scheint sich was anzubahnen, also nichts wie zurück zum Hafen.
Die letzten Meilen machen es uns die Bedingungen nicht gerade leicht. Der Strom scheint hier gegen den Wind zu stehen, die Wellen werden asozial steil und wir löffeln uns einiges an Wasser auf das Deck. Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, dass in diesem Moment kein Fisch anbeißt, denn jetzt noch einen kämpfenden, dicken Brocken hinten dran zu haben, das wäre wohl ein bißchen zuviel des guten. Bine überrascht uns mit der Aussage, dass es ihr trotz der Bocksprünge blendend geht. Wahrscheinlich sind das noch euphorische Nachwirkungen der Schnorchelei.
Im Hafen pfeifen und orgeln die Böen durch die Riggs. Da ist es unter Deck richtig gemütlich, mit der Gewißheit, im sicheren Hafen zu liegen, auch wenn ich den Leinen, die die Pontons an ihren Plätzen halten nicht so ganz traue.

Montag, 08.10.2007 (142. Tag)

Der Sturm orgelte die ganze Nacht und wir haben deshalb richtig schlecht geschlafen. Apelia ruckt und krängt hin und her und der Wind dröhnt in den Wanten. Bis zu 8 Bft messen wir hier im Tal, es ist lange her, daß wir Sturm hatten.
Vormittags basteln wir am Boot und schnappen uns dann den Schnorchelkram. Das Erlebnis gestern hat uns heiß gemacht und hier vor dem Stadtstrand muss es doch auch toll sein?! Was wir dann sehen, bzw. nicht sehen ist aber eine große Enttäuschung: Das Wasser ist unglaublich trübe und wir müssen weit rausschwimmen, um wenigstens den Grund zu sehen. Der ist dann aber farblos grün und übersäht mit Müll. Eine riesige Sauerei.
Zurück am Strand verbrennen wir uns im schwarzen Sand fast die Füße. Hier müsste man mal ein Ei drauf braten!
Ansonsten ist mit diesem angebrochenen Tag nicht mehr viel anzufangen, also ziehen wir uns fein an und laufen den Berg hoch zum Parador-Hotel, das oberhalb der Marina auf dem Bergrücken liegt. Es gehört zu einer Hotelkette für die gehobenen Standards und wir wünschen, gepflegt einen Tee mit Gebäck zu konsumieren.
Aber auch hier eine Enttäuschung: Gebäck gibt es keines und einen Sitzplatz mit tollem Ausblick auch nicht. Seltsam, bei dieser Lage... Dafür ist die Einrichtung wirklich beeindruckend und im Garten entdecken wir einen Käfig mit einem Papageien, der sich heftigst nach einer Kraulsession sehnt. Somit sind Steffi und ich zufrieden gestellt und befreien ihn von ein paar lästigen Federkielchen.

Dankbares Kraul-Opfer.


Anschließend spazieren wir noch die Straße entlang zum Leuchtturm, die uns durch eine typische spanische Landschaft führt. Rechts von uns steht hin und wieder mal eine supernoble Finka an der Steilküste, aber dazwischen finden sich Felder mit abgeladenem Müll und Autowracks oder völlig heruntergekommenen Häusern. Es gehört scheinbar zur typisch spanischen Denkweise nicht groß an die Zukunft zu denken und zu planen. Man lebt im Jetzt und Unterhalt und Pflege scheinen hier keinen zu interessieren. Es ist einfach der absolute Gegensatz zum völlig durchgeplanten Leben in Deutschland.

Wasserleitungen auf spanisch.



Dienstag, 09.10.2007 (143. Tag)

Wir mieten uns einen Clio und bekommen durch die Reservierung über den Hafen einen Rabatt von 20%. Zu viert fahren wir damit die Kurvenstraße zum Nationalpark hoch und durchqueren ihn hin und zurück in einer sechsstündigen Wanderung. Dabei begegnen wir den unterschiedlichsten Vegetationen. Oben ist es ein verwunschener Wald aus niedrigen bemosten Bäumen, aber weiter unten im Tal sieht's aus wie im Stadtwald von Glücksburg. Nach ein wenig Abwägen kommen wir zu dem Schluß, dass Bine und Christian ihre 600 EUR/Nase für ihren Flug und das Appartment doch einiges besser investiert haben, als wenn sie sich für zwei Wochen ein Zweibettzimmer im alten Meyerhof genommen hätten. :o)

Blick zurück nach San Sebastian. Alle Straßen die man hier sieht gehören zur selben Schnörkelstraße.


Verwunschener Wald.


Am Wendepunkt unserer Wanderung in El Cedro genehmigen wir uns im vom Reiseführer hochgelobten Lokal Kressesuppe, Salat und Brot mit Mojo. Dazu gibt es einen Rotwein aus dem Kühlschrank, den Christian als "interessantesten Wein seines Lebens" bezeichnet. Der Rest ist eine herrlich einfache Brotzeit, wie man sie auf so einer Wanderung genießen kann. Von der grandiosen Aussicht bekommen wir aber immer nur kurz was zu sehen, wenn sich die Wolken im Tal unter uns für einen kurzen Moment lichten.

Brotzeit in El Cedro.


Der Rückweg gestaltet sich als Lauf gegen die Dunkelheit. Wir meinen, daß wir spät dran sind und gehen im strammen Tempo durch. Zum Schluß dürfen wir sicherlich eine halbe Stunde lang Treppen steigen und müssen kräftig schnaufen, als wir endlich den Parkplatz erreichen.
Unser "Abenteuerdurst" ist damit allerdings noch nicht gestillt. Die Sonne steht kurz vor ihrem Untergang als wir in Alajero ankommen und uns ein ziemlich nobles Hotel aussuchen. Die Bar am Pool ist auch für Fremde zugänglich und so süffeln wir als einzige weit und breit entspannt einen Cocktail, während die Sonne am Horizont in den Wolken versinkt. Was für ein dekadenter Abschluß dieses herrlichen Tages.


Mittwoch, 10.10.2007 (144. Tag)

Vormittags basteln wir ein wenig am Boot und ich tippe am Tagebuch. Gegen Mittag trudeln Bine und Christian ein. Nach der Pleite vorgestern haben sie uns einen Superwobbler als Geschenk gekauft, der sogar für uns richtig anziehend und schmackhaft wirkt. Ein Wobbler ist so ein Plastikfisch mit einer Lippe an der Nase, wodurch er abtaucht und wie wild hin und her "wobbelt". Damit sieht er wohl schon so aus wie ein Fisch, aber der Trick geht noch weiter: In seinem Inneren befinden sich Metallkugeln, die gegeneinander schlagen und dieses klackende Geräuscht lockt die Fische aus größerer Entfernung an.
Die Sonne brennt tagsüber mit einer unglaublichen Intensität vom strahlend blauen Himmel und so machen wir den Nachmittag Siesta, bevor wir um 18:00 zu einer erneuten Angeltour aufbrechen. Wenn sich die Fische schon nicht tagsüber für unsere Köder interessieren, so sind sie vielleicht in der Abenddämmerung zu einem Biß bereit.
Der Mann im Angelladen meinte, dass die Nordküste das bessere Revier sei und so kreuzen wir gegen einen strammen Wind nach Norden. Alles was geht hängt mal wieder hinten draußen, da muß doch wohl was passieren?
Um 21:00, die Sonne ist gerade eben hinter Gomera verschwunden, verdrehen sich alle drei Leinen zu einem heftigen Wuhling. Steffi und Christian stürzen sich auf die Knoten und enttüddeln sie so schnell es geht, aber wir verlieren kostbare Zeit und da die Wellen immer wilder werden, drehen wir schließlich um und kreuzen raumschots zurück. Erst kurz vor dem Hafen schafft es Christian nochmal, seinen Wobbler auszubringen, aber nichts regt sich.


Donnerstag, 11.10.2007 (145. Tag)

Frustriert von gestern wollen wir es heute nochmal wissen und machen uns mittags mit allen Angeln am Heck auf den Weg nach Norden. Es ist dasselbe Spiel wie gestern, je weiter wir kommen, desto wilder wird der Wind und die Wellen. Irgendwann meldet Bine, daß ihr schlecht sei und wir kehren um. Die Haken holen wir am Hafen mal wieder ohne einen Biß ein und sind regelrecht deprimiert. Schwimmt hier draußen denn gar nichts im Wasser herum? Im Hafen tummelt sich ja immer das dicke fette Leben.
Zurück im Hafen bekommt Christian meine Gitarre und unterhält uns mal wieder erstklassig mit seinen Künsten. Eine Hörprobe bekommt Ihr, wenn Ihr auf das Foto clickt.

Christian spielt uns den Blues (anclicken um mp3 herunterzuladen).



Freitag, 12.10.2007 (146. Tag)

Unsere Versuche, Tapas zu essen waren bisher genau so erfolglos wie die Angelei. Hier können wir die Sache allerdings in die eigenen Hände nehmen und so vergeht der Vormittag mit Einkaufen und den Vorbereitungen.
Mittags wollen wir schnorcheln gehen. Nach der Pleite am Stadtstrand zieht es uns zum Nordstrand, den man durch einen Tunnel unter den Klippen hindurch erreicht. Der Sand ist schwarz wie überall auf Gomera, aber das Wasser vespricht so einiges. Ein Wellenbrecher aus 2x2 m großen Betonklötzen reicht weit ins Meer hinaus und wo er am Ende im Wasser versinkt sieht man die Steine weiß im türkisfarbenen Wasser leuchten. Da müssen wir hin!
Das Schauspiel beginnt aber schon gleich am Strand. Das Wasser ist hier klar wie in einem Schwimmbecken. Man sieht die Sonnestrahlen durch das Blau streichen, darunter dann der schwarze Sand in kleinen Dünen und dazwischen Steine und jede Menge Fische. Uns fehlt immer noch ein Bestimmungsbuch, so daß ich leider nicht sagen kann, was wir da genau sehen. Allerdings war ich nach dem zweiten Mal Schnorcheln sowas von angefixt, daß ich in Deutschland ein wasserdichtes Gehäuse für die Fotokamera bestellt habe. Peter wird es Ende Oktober mitbringen und dann geht's hier rund, versprochen!
Wir schnorcheln bis uns die Zähne vor Kälte klappern. Bei 24 Grad C Wassertemperatur also eine ganze Weile. Danach bekommen Bine und Christian unsere Ausrüstung und können auch fast kein Ende finden. Bis ganz ans Ende des Wellenbrechers schwimmen sie. Dieses Gefühl, da draußen im Nichts zu treiben und 15 m unter sich die Steine im Blau verschwinden zu sehen ist herrlich.
Zum Aufwärmen hauen wir uns am Strand in die Sonne und ich wälze mich ein wenig im Sand, bis ich völlig schwarz paniert bin. Das hilft vielleicht gegen die UV-Strahlung, aber die schwarzen Stellen werden auch tierisch heiß. Ein Glück, dass man sich an der Süßwasserdursche abspülen kann.
Das Tauchen macht hungrig und so stürzen wir uns auf die Berge von Tapas. Neu ist dabei die Yuca-Wurzel, die Christian nach dem Rezept seiner Mutter zubereitet. Sie schmeckt wie eine Mischung aus Eßkastanie und Kartoffel. Lecker!

Wir futtern uns durch Berge von Tapas.



Samstag, 13.10.2007 (147. Tag)

Nacheinander schnorcheln gehen ist langweilig, also kaufen wir Bine und Christian als vorgezogene Weihnachtsgeschenke je eine einfache Brille mit Schnorchel. Das Zeug muß natürlich direkt ausprobiert werden. Es kann Einbildung sein, aber ich habe das Gefühl, dass Christian heute schneller in die "eiskalten" Fluten kommt. Er memmt schon bei diesen 24 Grad C herum, dass es ihm eigentlich zu kalt sei. :o) Einmal drin, kann aber auch er sich für's Schnorcheln erwärmen. Bine ist dagegen von Anfang an mit Feuereifer dabei und schafft es sogar entgegen ihrer anfänglichen Ängste hinab zu tauchen um die Fische besser zu sehen.
Das Wasser ist heute noch klarer und wir entdecken sogar eine Nacktschnecke, die sich Seehase nennt. Sie ist lila mit weißen Punkten, etwa 15 cm lang und hat ganz große Falten am Rücken. Scheinbar überraschen wir sie, denn sobald wir einmal zu ihr runter getaucht sind, verschwindet sie zwischen zwei Steinen. Für eine Schnecke ganz schön fix.
Die Zutraulichkeit der Unterwasserbewohner ist ganz unterschiedlich. Die meisten der bunten Fische lassen sich von uns kaum stören. Bei manchen habe ich sogar das Gefühl, dass sie neugierig näher kommen. Die Jagdfische sind dagegen allerdings richtige Schisser. Wir entdecken kleine Barrakudas, die die Kante entlanf patroullieren und Hornhechte, die sich in Schwärmen dicht unter der Oberfläche herumtreiben, aber sobald man sich diesen Burschen nähert, geben sie Gas und hauen ab. Am ärgsten trifft unsere Neugierde eine kleine Scholle. Immer wieder muß sie sich neu eingraben, aber wir folgen ihr hartnäckig. Irgendwann reißt ihr aber dann doch der Geduldsfaden und sie macht am Boden eine Aufruhr, so daß der Sand nur so aufwirbelt. Danach können wir sie einfach nicht mehr entdecken.
Insgesamt machen wir zwei Schnorchelgänge und lassen uns dazwischen und danach von der Sonne wieder aufheizen. Danach gibt es eine Tortenschlacht. Heute Vormittag am Markt wurde uns eine ausgewanderte Schweizerin empfohlen. Sie backt alles selber und diese heimatlichen Kuchen sind das leckerste, was wir seit langem gegessen haben. Gute Backwaren sind hier leider selten.


Sonntag, 14.10.2007 (148. Tag)

Heute wollen wir es mal wieder wissen. Gestern fiel Christian auf, dass die Fischer alle zurück kommen, nachdem die Sonne aufgegangen ist. Also machen wir uns um 7:30 auf den Weg nach Norden, mit allem was wobbelt und blinkt im Schlepptau. Um kurz nach acht geht die Sonne auf und dann kippt leider der Strom und der Wind nimmt zu auf Böen von 7 Bft. Die Wellen werden asozial kurz und Apelia vollführt die wildesten Bocksprünge. Mir fällt dabei auf, dass ich die Wanten nochmal nachspannen müsste, ansonsten bin ich aber komplett mit dem Steuern beschäftigt, denn die Böen fordern die volle Konzentration. Wir binden sogar das zweite Reff ins Groß, aber da es zunehmend wilder wird, drehen wir um und sind um 9:30 wieder im Hafen. Natürlich ohne Fische, die gibt's hier einfach nicht.
Mittags kommt eine dicke Motoryacht mit "Kampfstuhl" herein. Der Kampfstuhl ist ein Sessel im Heck, um den herum 4 fette Angeln hängen. Hier sitzt dann der Kunde und läßt sich durch die Gegend chaufieren, bis an einer der vielen Sehnen ein Marlin anbeißt (darauf angeln sie). Die entsprechende Angel wird ihm dann gegeben und er hat den "Spaß", den Fisch heran zu holen. Die Köder die da im Heck liegen sind gigantisch, von den Haken mal ganz zu schweigen. Angeblich ist Marlin noch nicht mals ein besonders begehrter Speisefisch, aber als Trophäe will jeder mal einen überwältigen. Unser Ding ist sowas nicht und da auch diese kommerzielle Truppe nichts gefangen hat, fühlen wir uns entschuldigt.

Vergebliche Angeltour im Morgengrauen.


Den Rest des Tages verbringen wir mit Schnorcheln und faul am Strand liegen. Wenigstens die Fische vor unseren Brillen sind zuverlässig und zeigen sich wie am vorherigen Tag. Auf etwa 6 m Tiefe entdecken wir drei Sepias. Zwei scheinen Nachwuchs zu zeugen und ein drittes (Männchen?) drängt sich immer wieder auf und wird verscheucht. Ich tauche zu ihm herunter. Dieser arme abgewiesene Prachtkerl ist sicherlich genauso frustriert wie wir wegen unserer Angelei. Als er mich kommen sieht, wird er knallrot (sie können ihre Farbe wechseln) und will nichts von mir wissen. Da scheint wohl jemand schwer unter seinen Hormonen zu leiden.


Montag, 15.10.2007 (149. Tag)

Steffi und ich fühlen uns eingerostet und wollen mal wieder wandern. Bine und Christian steht nach unser Gewalttour nicht so sehr der Sinn danach, aber sie wollen gerne ins Naturpark-Museum. Wir mieten also mal wieder einen Wagen und lassen uns von Christian über die andere Kurvenstraße aus San Sebastian heraus an die Nordküste fahren. Am Museum ziehen wir uns dann die Wanderschuhe an und laufen in drei Stunden nach Vallehermoso, während die beiden den botanischen Garten besichtigen und mit dem Auto nachkommen.
Es ist herrlich, sich mal wieder die Beine zu vertreten und der Weg ist sehr angenehm. Es geht über mehrere Hügel durch eine karge Vegetation. Ab und zu stehen sogar Ohrenkakteen neben dem Weg und Steffi schnappt sich eine reife Kaktusfrucht. Obwohl ich nach der Kostprobe auf Madeira nicht mal davon koste, finden ihre Stacheln irgendwie ihren Weg sogar in meine Hände. Echt eine nervige Frucht.
Viel interessanter sind dagegen die vielen Eidechsen, die überall vor uns davon huschen. Wir sind uns nicht 100%ig sicher, aber wir meinen sogar drei Kanarische Eidechsen zu sehen, die sehr selten sind. Sie sind dunkelgrau, ziemlich dick und irgendwie unförmig. Allerdings sind sie auch extrem scheu und verschwinden schnell in irgendwelchen Spalten.

Das Gebiet um diese Felsformation ist ein Nationalpark.


Nach Vallehermoso haben wir einen Abstieg mit spektakulärer Sicht und werden am Place de la Constitution von Bine und Christian an einem Cafe erwartet. Gemeinsam fahren wir dann noch zum Playa de Vallehermoso um noch eine Runde zu schnorcheln (was sonst?), aber das Wasser ist total siffig und so besichtigen wir nur die neu aufgebaute Burg, die auf einem Felsen über der Brandung thront und als Kulturzentrum gedacht ist.
Wie bei der letzten Wanderung wollen wir den Sonnenuntergang wieder bei einem Cocktail genießen und fahren nach Valle Gran Rey, dem Tourikaff im Westen der Insel. Hier reiht sich wirklich ein Hotel ans andere, aber es gibt keinen wilden Tourismus. Vielleicht ist es auch nicht die Zeit dazu, aber in den Cafes und am Strand finden sich mehr die alternativen Aussteiger-Touristen. So wundert es uns eigentlich auch nicht, dass wir an der Playa del Ingles, dem angeblich schönsten Strand der Insel, mehrere Nackedeis zwischen den Besuchern entdecken. Die Gomeros nervt sowas angeblich ungemein.


Dienstag, 16.10.2007 (150. Tag)

Heute ist Bines und Christians letzter Tag und es herrscht allgemeine Trauer. Was sind diese zwei Wochen schnell vergangen, ein Zeichen dafür, was wir gemeinsam für einen Spaß hatten. Christians schier unerschöpflicher Fundus an Dialekten und Witzen hat uns dabei ziemlich strapaziert und ich bin mal gespannt, wann wir uns wieder in normalem Hochdeutsch, ohne bayerische, schwäbische, sächsische oder berlinerische Zutaten oder Telekoleg Sprechweisen ausdrücken können.
Der Tag vergeht zum großen Teil mit Packen. Und hier wird nicht einfach nur der Krempel in die Koffer gestopft. Nein, es müssen auch noch zahlreiche ortstypische Leckereien gekauft werden, und so wandert zum Beispiel eine ganze Batterie an roter und grüner Mojo in die Taschen, gefolgt von einer Ladung dieser herrlichen Keksmischungen der lokalen Bäckerei.
Nachmittags finden wir dann noch Zeit zu mehreren Schnorchelgängen. Diesmal wieder nördlich vom Wellenbrecher, wo das Wasser einfach noch besser (=klarer) ist. Danach werden die verstrampelten Kalorien locker wieder aufgefüllt: Es gibt Eis mit einem ganzen Berg an Obstsalat. Dazu noch Sprühsahne und Cointreau, Leben wie Gott in Spanien!
Abends gehen wir noch ein letztes Mal im besten Restaurant der Insel essen. Das Essen ist hier wirklich vom feinsten, die Bedienung besticht durch ihr unglaublich gefeiltes Auftreten (zumindest der Venezuelaner) und die Preise sind ein Witz gegenüber Deutschland. Dreimal waren wir hier, aber aufgrund der Eis-Orgie schaffe ich heute nicht soviel. Ich muß essenstechnisch sowieso mal wieder etwas kürzer treten. Die Kilos, die ich in den letzten fünf Monaten verloren habe, sind bei diesen Frühstücken, Snacks und Abendessen sonst schnell wieder drauf.
Abends setzen wir uns nochmal bei einem Portwein auf der Apelia zusammen, aber so richtig kommt keine fröhliche Stimmung auf. Bine und Christian trauern, da der Urlaub zuende ist (klar, wem reichen schon zwei Wochen?) ;o) und uns geht es nahe, dass die beiden uns verlassen und wir ab morgen wieder zweisam/einsam sind.