Von Ronde Island nach Petit St Vincent
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Mittwoch, 23.01.2008 (248. Tag)
Irgendwann nachts hat sich was im Seegang geändert und Apelia beginnt zu rollen. Wieder läuft das übliche Schema ab: Erst versuche ich es zu ignorieren, finde dann aber doch keinen Schlaf und werde immer genervter, bis ich um 4:00 den Baum ausbringe und den Eimer ins Wasser hänge. Sofort sind die Bewegungen gedämpft und als ich wieder Einschlummere, frage ich mich, warum ich das nicht gleich gemacht habe.
Zum Frühstück gibt es seit langem mal wieder Müsli. Der Kefir von Patrick aus Las Palmas lebt immer noch und verwandelt diese fürchterliche 0% H-Milch in ein brauchbares Getränk. Ein zäher Bursche.
Ronde Island ist in meinen Augen ein unentdecktes Paradies. Auf der Insel leben im Süden ein paar Fischer, aber hier im Norden ist sie absolut einsam und verlassen. Wir haben die Bucht nach der Abfahrt des Katamarans damit ganz für uns alleine und am Steinstrand hört man die Brandung rauschen. Anlanden mit dem Dinghy ist hier nicht, aber nach Grenada haben wir genug Grünzeug gesehen, jetzt interessiert uns mehr die Unterwasserwelt. So schnorcheln Andreas und ich also los in Richtung Insel, während Steffi Spanisch lernt.
Das Wasser ist hier aufgrund des Schwells nicht sehr klar. Man sieht etwa 10 m weit (jaja, so verschieben sich die Maßstäbe), doch kurz vor dem Ufer gibt es Korallen. So bekommt Andreas einen ersten Vorgeschmack von dem, was ihn die kommenden Tage erwartet. Ich merke dabei, dass unsere Augen inzwischen ganz gut für die Unterwasserwelt geschult sind. Wir wissen, wo wir wofür zu suchen haben und entdecken damit auch Muränen ziemlich flott. Sie sind hier aber auch zahlreich.
Kurz vor Mittag gehen wir ankerauf und segeln bei gut 6 Bft mit dem 2. Reff und der kleinen Fock nach Cariacou. Wieder ist es eine wilde Bolzerei, doch es sind nur 12 nm und wir genießen das Spiel mit den Wellen. Tölpel kommen immer wieder ganz nah an uns heran und auch ein Fregattvogel läßt sich zu einer knappen Passage herab. Wir werfen die Angel aus, allerdings erfolglos.
Nach drei Stunden erreichen wir die Tyrell Bay auf Cariacou, von der unser Revierführer (Doyle) als idyllisches Plätzchen schwärmt. Sie ist ziemlich voll, das Wasser ist trübe und von den Tanks an Land weht immer mal wieder eine Dieselfahne herüber. Das ist wirklich alles andere als idyllisch, also essen wir kurz zu Mittag und gehen wieder ankerauf. Wir kreuzen um die SW-Ecke der Insel herum, vor der ein Schwarm Pelikane jagt. Sie sind wirklich geniale Segler und stürzen sich immer wieder aus der Höhe wie Pfeile ins Wasser.
Vor uns liegt Sandy Island, das wie der Name schon sagt lediglich aus einem Sandstreifen besteht. Durch Stürme drohte er dahin zu errodieren, also hat man die Luvseite inzwischen mit Korallenschrott befestigt. Weitab vom restlichen Land ist das Wasser hier wirklich glasklar und da die Wassertiefen sehr stark variieren, springt Andreas mit Flossen und Schnorchel über Bord und weist uns ein. Wir scheinen in einem kleinen Unterwasserparadies angekommen zu sein: 30 m neben uns springt ein kleiner Thun in einem sicherlich 15 m langen Bogen aus dem Wasser und knapp vor uns leuchtet die Luft silbern auf, als ein Schwarm fingerlanger Fischchen von irgendetwas aufgeschreckt durch die Oberfläche stößt. Ich frage mich noch, welcher großer Jäger sie wohl dazu treibt, doch dann bin ich völlig gefesselt von dieser atemberaubenden Klarheit.
Ankern am Abend neben Sandy Island.
Leider weht es sehr stark und Sandy Island bietet keinen großen Schutz. Außerdem besteht der Grund aus Korallenresten, die nur von einer dünnen Sandschicht bedeckt sind. Unser Anker kann sich also kaum eingraben und hier nachts auf Drift gehen, da verzichten wir lieber drauf. Nach dem Schnorchelausflug bergen wir ihn und kreuzen genau gegen den Wind nach Hillsborough. Mit uns verläßt ein ganzer Schwarm von Yachten die kleine Insel, doch wir sind mal wieder die einzigen, die auf ihren Diesel verzichten. Dabei ist das Segeln hier in der Landabdeckung wirklich herrlich und wir sind stolz darauf, zur selben Zeit wie die "Motorboote" am Ankerplatz anzukommen. Der ist alles andere als ruhig und wir bringen wieder den Eimer aus.
Wir haben gerade gegessen, da scheint an Land eine große Party zu steigen, es schallt zumindest laute Musik zu uns herüber. Wir sind noch entdeckungsfreudig, paddeln also durch die Nacht an Land und treffen direkt neben dem Anleger auf das Geschehen: Aus einem Turm von Boxen prasseln heiße Rhythmen auf den Dorfplatz herab, um den herum nur Locals stehen, gucken und ab und zu mal die Hüften kreisen lassen. Nur drei andere Seglergrüppchen können wir entdecken, sind also völlig begeistert davon, mal kein touristisches Event, sondern eine rein lokale Veranstaltung zu finden.
Nachdem den Leuten ordentlich eingeheizt wurde, übernimmt die Steelband das Komando (das ist die Generalprobe für Karneval), die nach den fetten Baßrhythmen eher schüchtern klingt. Aber das ist endlich mal Livemusik und wir bleiben bis zum Ende. Leider werden größtenteils Cover von bekannter Poppmusik gespielt, evtl. gibt es keine lokalen Stücke. Wir sind allerdings hin und weg von der Ästhetik des Spiels. Alle Musiker schwingen ganz leicht hin und her und die Trommelei sieht absolut mühelos und leicht aus, ist es aber wahrscheinlich nicht.
Donnerstag, 24.01.2008 (249. Tag)
Die Rollerei wurde nachts trotz des Dämpfers immer schlimmer und ich habe wirklich bescheiden geschlafen. Zu blöde, nach der Atlantikpassage waren wir daran gewöhnt, aber die vielen Ankertage haben uns wieder verweichlicht. Wir kommen dadurch allerdings früh aus den Federn und nachdem Andreas und Steffi uns ausklariert haben, segeln wir um 10:00 nochmal nach Sandy Island, um die Schnorchelei nachzuholen, die wir gestern aufgrund des Sonnenuntergangs abbrechen mußten. Wieder führt Andreas uns schnorchelnd durch die Untiefen, so daß wir diesmal ganz nah am Strand liegen. Da Steffi ihre Ohren für die Tobago Cays schonen will, lernt sie wieder Spanisch, während Andreas und ich die gesamte Insel entlang tauchen. Wir entdecken dabei einen ganzen Schwarm winziger Sepias. Die kleinen scheinen noch etwas unerfahren zu sein und haushalten noch nicht so mit ihrer Tinte wie die alten. Wenn man auf sie zuschwimmt, explodieren vor einem winzige Tintenwölkchen.
Nach zwei Stunden haben wir genug gesehen und segeln weiter nach Norden, wo in Clifton Harbour auf Union Island der Anker fällt. Brit und Axel von der Hello World sind schon da und wir wollen den Nachmittag zum Abschied nutzen (sie segeln weiter Richtung Panama). Doch heute jagt ein Squall den nächsten, eigentlich regnet es nach unserer Ankunft in einem fort.
Ankunft eines Squalls.
Die Stimmung ist aber trotzdem gut.
Wir verziehen uns ins Boot und trinken einen Schokoladentee aus Grenada. Beim Prasseln der tropischen Schauer an Deck ist es hier wirklich urgemütlich, wir kämpfen nur hin und wieder mit dem Wasser, das durch den Mast herunter kommt. Das erinnert uns an Punkt 73 der ToDo-Liste von vor dem Start unserer Reise: Mastwanne hochziehen.
Irgendwann beginnt uns der Regen dann aber doch zu nerven. Wir würden gerne rüber zur Hello World, doch bei diesen Mengen fehlt uns die Motivation. Drüben scheinen Brit und Axel ähnliches zu denken, bis Axel sich ein Herz nimmt und zu uns rübergeschnorchelt kommt. Er will weiter nach vorne das Riff anschauen und da ich Regenschnorcheln noch nie gemacht habe, schwimme ich mit.
Das Riff ist leider auch hier draußen so gut wie tod und irgendwann wird das Wasser so flach, dass wir nicht weiter kommen. Trübe ist die Brühe außerdem und durch den Regen wird manchmal soviel Luft ins Wasser geschlagen, dass man in den obersten 30 cm rein gar nichts sehen kann. Hier und da entdecken wir allerdings lebende Conch-Muscheln, die hier überall zum Verzehr angeboten werden.
Am Abend läßt der Regen endlich nach und Axel holt uns mit dem Dinghy auf die Hello World zu einem Abschiedsschampus, wonach es gemeinsam an Land zum Abendessen geht. Wir sind alle ein wenig wehmütig. Das erste Mal trafen wir die beiden in Vigo, wo auch Andreas damals zustieg, und wir haben den ein oder anderen Landausflug gemeinsam erlebt und viele Abende zusammen gekocht. Morgen werden sich unsere Wege endgültig trennen. Vor den beiden liegen noch mehrere spannende Jahre, in denen sie die Welt umrunden. Wir wünschen Euch, Brit und Axel viele tolle Erlebnisse und vielleicht auch das ein oder andere Abenteuer. Macht's gut und kehrt heil wieder!
Freitag, 25.01.2008 (250. Tag)
Wieder habe ich schlecht geschlafen. Eigentlich schützt das Riff den Liegeplatz von Clifton vorbildlich, doch irgendwie scheinen die Wellen ihren Weg dahinter zu finden und Apelia quittiert das mit fröhlichem Rollen. Dazu pfeifft es seit dem Morgengrauen mit gut 6 Bft aus Ost, aber dafür hat der Regen sich endgültig verzogen.
Nach einer letzten Verabschiedung von der Hello World schieben wir uns vorsichtig an die Karo heran und überreichen Roswitha ein frisches Fläschen Ohrentropfen. Ihre haben bei Steffi gute Dienste geleistet und sie freut sich jetzt schon auf die Tobago Cays, wo wir wieder ohne Ende schnorcheln werden. Jetzt zieht es uns allerdings erstmal nach Bequia, wo seit gestern das vielbeworbene Musikfestival steigt.
Wir beginnen vorsichtig und haben neben der kleinen Fock auch noch das zweite Reff eingebunden. Als wir Canouan passieren wird uns die Fahrt dann aber doch zu lahm und wir wechseln zum ersten Reff. Damit geht Apelia sauber ab, wir versägen eine Mietschüssel nach der anderen (können dank ihrer Rollfocks alle nicht gut Höhe laufen). Mit Wolfgang Ambros aus den Lautsprechern und Schwarzbrot mit Gouda (aus Las Palmas) garniert mit sauren Gurken aus der Küche lacht das Leben bei 6,5 kn.
Die Windrichtung reicht für einen Anlieger und so erreichen wir nach sechs Stunden Bequia. In der Admirality Bay fühlen wir uns schon fast wie zu Hause und ganz vorne im Mooringfeld entdecken wir Judith und Sönke mit der Hippopotamus. Sie haben Besuch, genau wie wir und die Luiza, die kurz nach uns eintrifft hatte die vergangenen Tage mit Besuch im Norden verbracht. Aber kein Wunder, wann hat man schonmal die Gelegenheit, in der Karibik zu segeln. Da würden wir auch sofort rüber fliegen.
Sönke hat die Lage schon gepeilt. Heute Abend ist "Blues-Night" am Strand und zusammen mit Mieke und Luc fahren wir zu neunt im Taxi rüber. Wir sind voller Erwartungen. Ein öffentliches Festival am Strand, überall Leute von der Insel und lokale Musiker, die sich mächtig ins Zeug legen, geil! Leider stellt sich am Strand heraus, dass wir ein völlig falsches Bild von der Sache haben. Das Gelände ist hermetisch verriegelt, man muss 60 EC pro Person an Eintritt zahlen, die Musiker sind alle eingeflogen und anstatt der lokalen Bevölkerung treffen wir auf weiße Yachties mit einem Durchschnittsalter von über 50, die sich aufführen wie zwanzigjährige. Wir sind uns nicht so sicher, was wir davon halten sollen. Klar ist das schön, dass die Leute sich so frei und ungezwungen verhalten, doch da sie sich auch noch wie zwanzigjährige kleiden, wirkt das ganze eher nach dem verzweifelten Versuch, die eigene Jugend nochmal aufleben zu lassen. Als sich die anderen am Strand unterhalten und ich gegen Mitternacht alleine im Publikum stehe, baggert mich eine 60jährige massiv an, wonach es mir endgültig reicht.
Als wir gehen wollen, zieht das Wassertaxi seinen Preis an. So läuft es hier häufiger mal, die Preise sind alles andere als seriös und werden spontan festgelegt. Da wir relativ spät dran sind, wittert der Typ wohl ein fettes Geschäft, doch wir können ihn abblitzen lassen und zufällig nimmt uns der Taxifahrer von der Herfahrt wieder zurück in die Bucht.
Musiker aus Chicago und Warschau. Von Lokalkolorit keine Spur.
Samstag, 26.01.2008 (251. Tag)
Nachdem es gestern spät war, faulenzen wir heute morgen ausgiebig in den Kojen und sind auch den ganzen Rest des Tages eher schlapp und erschlagen. Andreas und Steffi kaufen ein und ich schleife den Bugbereich ab. Danach schnorcheln wir am inzwischen schon bekannten Riff und können Andreas ein paar wild gefärbte Fische zeigen.
Mittags legt die Hippo ab. Das ist allerdings kein Grund zur Sorge, sie wollen zu den Tobago Cays, spätestens morgen sehen wir uns wieder.
Der WLAN-Empfang mit der PCMCIA-Karte ist leider nicht der Bringer und wir müssen uns auf die Treppe des Gingerbread-Hotels setzen, um Zugang ins Netz zu haben. Da wir dort zu Abend essen, haben wir allerdings keine Hemmungen.
Wir bestellen alle drei Currys, zu denen verschiedene Saucen serviert werden. Ich bin hin und weg vom Mangochutney, könnte es sogar pur essen. Zum Nachtisch gibt es natürlich das warme Ginger Bread mit Eis, zum Nach-Nachtisch verholen wir uns dann aber an eine andere Bar, wo man mit den Füßen am Wasser auf Bänken sitzen und einen Cocktail genießen kann. Eine Pina Colada kostet hier umgerechnet 2,5 EUR, man könnte also den gesamten Abend Cocktails saufen und käme am Ende immer noch billiger weg, als zu Hause. Doch wir wollen ja morgen früh zu den Tobago Cays aufbrechen, genehmigen uns also jeder nur einen Drink.
Lecker Cocktails saufen!
Sonntag, 27.01.2008 (252. Tag)
Da Steffi davon schwärmte, begleitet Andreas sie heute morgen in die Messe. Dazu müssen sie um 7:00 aufstehen, was für mich Grund genug ist, mich nochmal umzudrehen. Da dürfen die Leute singen und Bongo spielen was sie wollen, mir ist das zu früh. Aber Andreas bestätigt, dass die Hingabe, mit der hier gesungen und geswingt wird, beeindruckend ist. Vielleicht sollte ich die Gelegenheit beim nächsten Mal doch wahrnehmen.
Kurz nach elf gehen wir ankerauf und segeln unter der großen Fock rüber zur Luiza, um sie abzuholen. Wenn wir es schon auf der Fahrt zu den Kapverden nicht schafften, so wollen wir wenigstens auf diesem Katzensprung neben Mieke und Luc hersegeln, die Videokamera immer im Anschlag. Da die beiden keine so detaillierte Karte von den Cays haben wie wir (NV-Kartensatz), vereinbaren wir, dass sie sich ab den ersten Riffen in unserem Kielwasser aufhalten.
Natürlich sind wir ein bisschen auf Racen gebürstet, zumal Luc auch den ein oder anderen Spruch fallen lies. Als wir um das westliche Kapp biegen und auf Südkurs schwenken ist schnell klar, dass wir völlig übertakelt sind. Trotz des halben Windes ziehen wir die Scheuerleiste durch das Wasser und stürmen mit gut 7 kn los. Kein Wunder, dass die Luiza keine Chance hat und schnell achteraus bleibt. Wir wenden nochmal um besser filmen zu können und stellen dabei fest, dass sich die oberste Segellatte schon zur Hälfte aus der Tasche gearbeitet hat. Beim anschließenden Reffen macht sie sich dann endgültig aus dem Staub, die Backstagen haben den Spanngurt im Laufe der Zeit durchgescheuert.
Es geht hier nicht um mich, sondern um die BANANE!
Wieder fällt die Luiza langsam achteraus, doch jetzt wollen wir erst an den Cays auf sie warten. Wir träumen von einem dicken Dorado und bringen die Angel aus. Da wir mit unserem Tintenfisch-Imitat bisher erfolglos waren, binden wir diesmal den Wobbler an, den Bine und Christian uns auf Gomera schenkten. Er ist fast überfordert mit unserem Speed, taucht aber zwischendurch immer wieder ab. Durch Zufall blicke ich gerade nach hinten, als ein Dorado vom Format unseres fetten Fangs von Barbados anbeißt. Ich sehe es aufspritzen und will gerade zur sich spannenden Leine hechten, da ruckt es einmal und wir sehen den Dolphin in seiner ganzen Pracht und mit einer unglaublichen Wucht weit aus dem Wasser schnellen. Als ich die Leine daraufhin einhole, bin ich schon mißtrauisch und als das lose Ende vor unseren Augen baumelt ist klar: Der vordere Ring des Wobblers war dem Vieh nicht gewachsen und muss gebrochen sein.
Inzwischen hat uns das Jagdfieber gepackt und wir bringen sofort den Tintenfisch aus, doch der Dorado ist längst über alle Berge. Hoffentlich konnte er den Wobbler ausspucken.
Nachmittags erreichen wir die Cays und lassen die Luiza herankommen um gemeinsam durch die Riffe zu segeln. Steffi sitzt unten und plottet mit, während Andreas und ich im Regattafieber die Strippen ziehen. Hier wird dann richtig deutlich, auf was für einer heißen Kiste wir sitzen. Die Luiza hat sowohl in sachen Höhe als auch Speed nichts zu melden und wir drehen immer wieder Extrarunden (die Steffi zur Verzweiflung bringen), um sie zwischen den Riffen nicht allein zu lassen. Sosehr wir die anderen hin und wieder um ihren Komfort beneiden, wenn es ums pure Segeln geht, haben wir für unseren Geschmack das richige Boot gewählt.
Das Eingraben des Ankers ist immer ein schweres Geschäft. Wenn Ihr sehen wollt, wie es wirklich geht, clickt auf das Foto (2,3 MB).
Es ist heute genau so voll wie letztes Mal. Mitten im Ankerfeld entdecken wir die Hippo und legen uns ein paar Plätze daneben. Der Wind hat abgenommen und das Wasser wirkt unter diesen Bedingungen noch ein gutes Stück klarer als beim letzten Besuch. Türkis strahlt es uns entgegen und lockt gewaltig. Als ich den Kopf unter die Obefläche tauche, stockt mir fast der Atem: Wir liegen hier wirklich im Swimmingpool, so klar ist es. Wahnsinn! Die Sonne steht leider schon knapp über dem Horizont, wir beschränken uns also auf eine Schnorchelrunde in Bootsnähe, entdecken dabei aber trotzdem viel spannendes.
Eins seiner Beinchen, die unter der dicken Conch-Muschel hervorluken verrät einen Einsiedlerkrebs. Bisher kannte ich immer nur diese kleinen Exemplare, aber unter diesen Bedingungen und bei Conch-Muscheln als Behausung, wachsen sie zu ungeahnter Größe an. Ich muß zugeben, daß ich mich nicht sehr tierlieb verhalte, als ich Monsieur mit an die Oberfläche bringe, aber um ihn in 5 m Tiefe genau unter die Lupe zu nehmen fehlt mir die Lust, zumal er sich bei meinen Annäherungsversuchen immer sehr abweisend zeigt. In meiner Hand an der Oberfläche zieht er sich zwar zuerst auch zurück, hat dann aber irgendwann die Nase voll vom Versteckenspiel, kommt keck hervor und gibt uns an einem Schnürchen eine Demonstration seiner 4 cm langen Scheren. Alle Achtung, da ist ordentlich Power hinter.
Monsieur Einsiedlerkrebs in freier Wildbahn.
Natürlich entdecken wir auch die ein oder andere Schildkröte, die vor allem Andreas beeindrucken. Wir kennen das Spiel ja schon und so haben wir die Augen frei, um eine seltsame, neue Fischart zu entdecken: Sie ist etwa 20 cm lang, schmal und hoch von heller Farbe mit einem gelben Fleck. Die Tierchen stehen immer halb geknickt über dem Boden und sobald man sich nähert, verschwinden sie im Sand. Einfach so und jedes Graben hat bisher nichts zu Tage befördert. Sozusagen vom Erdboden verschluckt.
Montag, 28.01.2008 (253. Tag)
Der Wind ist über Nacht fast eingeschlafen und so verstärkt sich heute morgen der Eindruck, dass wir in einem Swimmingpool liegen. Das Wasser leuchtet in einer unglaublichen Farbe und die Boote liegen kreuz und quer an ihren Ketten. Die sengende Sonne lähmt jede Bewegung, also kein Wunder, dass wir nach dem Frühstück das Wasser aufsuchen. Ich nutze dabei die Gelegenheit zu ein wenig Impressionismus, indem ich die Kamera direkt an die Oberfläche halte:
Zeit für ein wenig Impressionismus. Die Farben sind echt!
Ich bin ungelogen den gesamten Vormittag bis zum Mittagessen (Pfannkuchen mit Muskatsirup) im Wasser und kann mich einfach nicht sattsehen. Zusammen mit Andreas rudere ich zuerst raus ans Riff, um ihm die Korallengärten zu zeigen. Dabei bricht ein Paddel, wir müssen also zukünftig kanadiermäßig durch's Wasser mühen.
Diese Fischchen attakieren einen und sorgen damit für schöne Bilder.
Im zwei Meter tiefen Wasser starte ich ein kleines Experiment: Einem Fischchen, dass knapp über dem Sand herumschwirrt, schwimme ich laufend hinterher. Zuerst scheint es genervt zu sein und sucht stetig as Weite, doch nachdem ich das Spiel fünf Minuten lang treibe, wird es ruhiger und läßt mich immer näher herankommen. Am Ende habe ich es sogar so weit, dass es aufgeregt um meine Hand herumsaust (und sie dabei auch mal berührt) wenn ich damit den Sand aufwirbele. Wahrscheinlich ernährt es sich von den Mikroorganismen, die ich dadurch freilege.
Mein Freund, das Riff-Fischchen.
Für den Nachmittag haben wir uns mit Mieke und Luc am Außenriff verabredet und passen zum Glück alle in ihr motorisiertes Dinghy. Wie beim letzten Mal legen wir uns außen an die Bojen, gleiten aber diesmal ins Wasser, dass hier draußen deutlich kühler ist als hinten in der Lagune. Die Aussicht ist berauschend. Das Riff verschwindet vor uns in der blauen Tiefe und wenn man sich von der Kante entfernt, hat man das Gefühl, über einem Abgrund zu schweben. Überall tummeln sich Schwärme von Fischen und wir entdecken die ein oder andere neue Art, während wir der Riffkante nach Norden folgen.
Im Handbuch (Doyle) steht, dass man hier draußen größere Fische beobachten kann und so starren wir angestrengt in das tiefe Blau. Irgendwann narrt einen die Phantasie und man meint, hier und da einen Schatten zu entdecken, aber wenn man ein zweites Mal hinschaut, ist alles still und einfach nur tiefblau. Steffi und Andreas schwimmen zu meiner rechten und beobachten das rege Treiben 5 m unter uns, als ich rein zufällig nach links zum Riff gucke und 15 m vor uns ein Monstrum von einem Barrakuda entdecke. Er ist so groß wie Steffi und zieht gemächlich seine Bahn. Das riesige Maul, die zerfetzte Schwanzflosse und die starren Augen, die uns beobachten lassen meinen Puls deutlich ansteigen, aber ansonsten bleibe ich ruhig. Das hier ist genau so ein kapitaler Bursche, wie wir ihn suchten und er scheint sich vollkomen im klaren darüber zu sein, dass er hier der Herrscher ist. Instinktiv rutschen wir dagegen etwas näher aneinander heran, doch leider hält der den Abstand, ein tolles Foto kommt also nicht zustande.
Der König des Riffs, ein Barrakuda in Steffis Größe.
Kurz vor dem Sonnenuntergang (pünktlich um 18:00) zieht es Andreas und mich nochmal zu einer Schnorchelrunde. Wir besuchen die Schildkröten und entdecken auch sonst viel Aktivität, die sich zur hellen Mittagszeit zu verstecken scheint. Das Highlight ist ein gepunkteter Adlerrochen, der sich nicht beeindrucken läßt und in aller Seelenruhe seine Bahn zieht. Also schwimmen wir neben ihm her und drehen so einen riesengroßen Bogen durch die Lagune. Die Sonne ist schon weg, als wir an der Apelia aus dem Wasser klettern. In der Ferne sehen wir noch Mieke und Luc an das Außenriff motoren. Sie wollen im Dunkeln schnorcheln, sind also einiges abgeklärter als wir. Nach dem Barrakuda sind wir gar nicht mehr so wild auf Nacht-Schnorchelgänge und freuen uns, dass wir mit dem Besuch von der Hippo-Crew eine gute Ausrede an Bord haben.
Es wird ein langer Abend und als die Sterne in ihrer ganzen Pracht leuchten, erklärt uns Andreas den Zusammenhang zwischen der Milchstraße und unserer Galaxie. Sönkes Vermutung, dass man früh morgens das Kreuz des Südens knapp über dem Horizont sehen könnte wird von unserer Sterne-Software (Adastra Freestar) bestätigt, aber wer will schon um 4:00 aufstehen?
Obwohl der Wind nur schwach fächelt, rauschen hin und wieder die Wellen neben uns. Das kann bei diesem Lüftchen eigentlich gar nicht sein, also leuchten wir mit der Taschenlampe auf das Wasser und entdecken Schwärme von Fischchen, die von irgendetwas aufgeschreckt (Mr. Barrakuda?) aus dem Wasser springen. Es sind so viele, dass man nur noch ein silbernes Leuchten sieht und wenn der Schwarm gerade mal unter Apelias Bäuchlein schwimmt, klingt es wie ein prasselnder Regenschauer.
Dienstag, 29.01.2008 (254. Tag)
Immer noch regt sich kaum ein Lüftchen und die Lagune liegt spiegelglatt vor uns. Wieder ein guter Grund, sich zur morgendlichen Schwimmrunde aufzuraffen, bevor die Sonne Apelia in eine Backröhre verwandeln kann.
Eine Runde Baden am Morgen. Herrlich!
Da wir den Hippos gestern vom Außenriff vorgeschwärmt haben, machen wir uns heute Vormittag gemeinsam zur Dinghypassage auf. Wieder sind wir hin und weg vom kristallklaren Wasser, den Barrakuda entdecken wir allerdings nicht. Dafür tummelt sich hin und wieder ein Cero an der Kante. Das sind etwa 1,5 m lange thun-ähnliche Fische mit viel kleineren Mäulern als Barrakudas, wir sind also entspannt.
Hinabtauchen in das tiefe Blau.
In etwa 10 m Tiefe entdecke ich eine Muräne zwischen den Steinen. Bis heute fehlt mir ein scharfes Foto von diesen herrlichen Tieren. Um sicherzugehen, tauche ich wieder und wieder hinunter. Bei dieser Tiefe fehlt mir allerdings die Zeit, um in Ruhe zu knippsen. So ist das Ergebnis wie immer: Viele Fotos, aber alle nicht scharf. Keine Ahnung, wieso, vielleicht verwirrt ihre gefleckte Haut den Autofocus? Wahrscheinlich muss ich auf eine fette grüne Muräne warten, um ein gutes Foto zu bekommen.
Leider sehr scheu, aber man sieht die leuchtenden Punkte.
Genau wie gestern schwimme ich lieber zurück als mit dem Dinghy zu fahren. Gestern habe ich viele interessante Tiere entdeckt, unter anderem ein dicker Rochen und so habe ich jetzt die Kamera dabei. Judith begleitet mich und da zwei paar Augen mehr sehen als eines, entdecken wir einen fetten Seestern und einen äußerst seltenen Flötenfisch.
Seestern, so dick wie ein Kopfkissen.
Flötenfisch, gut getarnt im Seegras.
Zurück an Bord erschlägt mich die Anstrengung der letzten Tage. Das ewige Schnorcheln und Luft anhalten schlaucht stärker als erwartet. Zum Glück geht es Steffi und Andreas genauso und während sich die Lagune in der Flaute wieder in einen Pool verwandelt, machen wir unseren Mittagsschlaf. Es wird dabei ganz schön heiß und wir merken dass wir völlig aklimatisiert sind. Während Andreas auch nachts noch über die Hitze stöhnt, schlafen wir selig und nutzen manchmal sogar unsere Fleece-Decken.
Nachmittags paddeln wir zur Landexpedition auf die Leguan-Insel. Um mehr zu filmen, geben wir uns alle Mühe und während ich drehe und kommentiere, wiederholen Steffi und Andreas ihre Aktionen in fatalistischer Ergebenheit, bis unser Dogma-Doku-Film "Expedition zur Dracheninsel" im Kasten ist.
Zum greifen nahe sitzt ein Leguan vor uns im Baum.
Wie geplant zeigen sich die Leguane in voller Pracht und mitten auf dem Wanderpfad entdecken wir auch noch eine Landschildkröte. So einfach kann Tierfilmen sein. :o) Wir machen allerdings auch noch eine unangenehme Entdeckung: Wir wurden schon vor der buschartigen Pflanze gewarnt, die wie eine Brennessel mit feinen Härchen überzogen ist. Der Effekt ist derselbe, allerdings um ein vielfaches stärker. Ich streife mit der Schulter nur leicht gegen ein Blatt und trotz des T-Shirts habe ich noch lange "Freude" an einem brennenden Ausschlag.
Rumpelt wie ein Panzer durch's Unterholz.
Kurz bevor wir abends zum Besuch auf der Hippo aufbrechen, kommen die Ranger lang und kassieren ab. Ich weiß nicht ob es eine Masche ist, doch wie jedes Mal sind sie hin und weg von der Apelia und fragen, ob sie zu kaufen sei. Unsere Standardantwort lautet inzwischen: "Klar, aber erst nach unserer Rückkehr in Deutschland". Der Umstand, dass wir mit diesem Boot den Atlantik überquert haben sorgt immer für ehrfürchtiges Staunen und heute kommen die Ranger noch richtig ins Schwärmen, da sie uns vorgestern hereinkreuzen sahen. Cool, so einen bleibenden Eindruck hinterlassen zu können.
Auf der Hippo bringt Sönke uns das Kartenspiel Pitbull bei. Es ist fast ohne Regeln und fordert einen zum schnellen Denken und Tauschhandeln heraus. Ein riesen Gaudi und entgegen Steffis Ankündigung bzgl. meiner Kartenspiel"begeisterung" zocken wir bis in die späte Nacht.
Mittwoch, 30.01.2008 (255. Tag)
Beim Tee kochen ist das Petroleum alle und wir füllen den Kocher mit "Kerosene Oil", das wir in Bequia gekauft haben nach. Wir verbrauchen etwa 1,5 l pro Monat und da wir uns auf den Kanaren dick eingedeckt haben, verfügen wir bisher noch über einen beruhigenden Vorrat. Für die Heimfahrt müssen wir allerdings in der Karibik bunkern, deshalb dieser Testballon. Als Gefäß bekommt man, was gerade an alten Flaschen da ist. Meistens sind es Rumbuddeln.
Für unseren Kocher nur den feinsten Rum!
Steffi und Andreas wollen noch "Interaktionsfotos" mit Schildkröten knippsen,also begleite ich die Hippos alleine zum Außenriff. Die starke Strömung läßt uns heute allerdings nur vorsichtig am Ausgang der Dinghypassage auf und abschnorcheln. Hier abgetrieben zu werden muss ziemlich ätzend sein. So haben es Steffi und Andreas heute einiges besser erwischt. Natürlich bekommen sie zahlreiche Schildkröten vor die Linse, entdecken aber auch einen Schwarm von gut 50 Sepias, die still über dem Seegras stehen.
Keine Bange, Steffi hält sich nicht fest.
Bevor wir ankerauf gehen, schauen wir noch bei der Karo lang, die seit zwei Tagen neben uns liegt. Man könnte meinen, wir hätten inzwischen zuviele Freunde. In Sammelsituationen wie diesen bringt uns das soziale Angebot wirklich ein wenig unter Druck, doch meistens trifft man sie einzeln und hat dann ausreichend Zeit füreinander. Es ist auf jeden Fall ein schönes Gefühl sich zu begegnen. Enge soziale Kontakte sind hier in der "Fremde" immer willkommen.
Nachdem wir ihn vorgestern mit zum Außenriff genommen haben, ist Karl dem Schnorchelfieber restlos erlegen und knippst mit seiner wasserdichten Olympus (sehr zu empfehlen!) was das Zeug hält. Auch Roswitha hat schon ihre ersten zaghaften Ausflüge hinter sich, nur Seeschildkröten sind den beiden bisher noch nicht vor die Brillen gekommen. Da sie unsere Fotos gesehen haben, sind sie ganz versessen darauf, welche zu entdecken, doch man scheint sich "einsehen" zu müssen, um sie schnell zu finden.
Um Starthilfe zu leisten, begleiten wir die beiden zur Seegraswiese und können ihnen in einer viertel Stunde gleich vier Schildkröten präsentieren (Glück gehört auch dazu). Steffi bleibt wegen ihrer Ohrenschmerzen an Land und entdeckt vier knallgrüne Leguane. Angesichts dieser Tierwelt wähnt man sich wirklich im Paradies.
So wird es Nachmittag, bis wir endlich ankerauf gehen (natürlich ohne Motor) und den Pool der Tobago Cays durch die Südpassage verlassen. Im Handbuch steht, dass man für sie Reviererfahrung bräuchte, doch die Seekarten (NV-Verlag) sind sehr detailliert bzw. genau und durch die Farbverläufe sieht man die Riffe und flachen Stellen sowieso. Palm Island passieren wir auf der Luvseite und als nach Westen nur noch offene See neben uns liegt, setzen wir Andreas mit dem Dinghy aus. Mit der Pütz hat er einen sehr effektiven Treibanker und bewaffnet mit Video- und Fotokamera lassen wir ihn die Apelia beim Auf- und Absegeln ablichten. Interessant ist dabei vor allem, wie schnell er aus unseren Blicken entschwindet, wenn wir ein Stückchen weggesegelt sind. Und dabei ist er etwa ein Meter hoch. Nicht auszudenken, wie schnell ein Schwimmer in den Wellen verschwinden würde.
Keine große Dünung, mehr so das Minimum. Trotzdem beeindruckend.
Beim Ankermanöver wickeln wir uns die Leine vom Dinghy in den Propeller. Was für ein Anfängerfehler, aber da der Anker sowieso in dem Moment auf Tiefe ging, kein Problem. Die Leine hat mit den 10 PS vom Motor ein leichtes Spiel und würgt ihn ab, bevor ein Schaden entstehen kann. Steffi spring heroisch ins Wasser und innerhalb von fünf Minuten ist alles klariert. So malerisch die Insel ist, es liegen nur wenig Yachten vor Anker. Als wir unseren überprüfen, nehmen wir den Klappdragon vom Dinghy als Tauchgewicht mit. Er hat 4 kg und ist für mich optimal. Andreas zieht er dagegen unweigerlich in die Tiefe.
Zum Abendessen gibt es Curry. Danach spüren wir die Anstrengung der vergangenen Schnorcheltage und keiner findet mehr Energie zu tiefschürfenden Gesprächen. Um neun liegen alle schlafend in den Kojen.
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