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Von Varadero/Kuba nach Freeport/Bahamas


Freitag, 11.04.2008 (327. Tag)

Da das mit dem Internetzugang hier so mühsam ist, stehen wir mit Andreas per SMS in Kontakt und erfahren, dass sich ein kleines Wetterfenster für den "Ausbruch" nähert. Über die USA zieht ein Tief, so dass der Wind in den kommenden 2 Tagen über S nach NW dreht. Sonntag Abend trudelt dann die Kaltfront mit Regen ein und der Wind soll auf 20 kn zunehmen. Also haben wir 2,5 Tage Zeit, das sollte reichen, um Freeport auf den Bahamas zu erreichen.
Momentan weht der Wind noch aus ONO, also haben wir noch Luft, alle restlichen Arbeiten zu erledigen. Heute ist wirklich unser Wurstziehertag. Eine letzte Lage Antifouling auf die Macken am Rumpf, die letzte Wäsche waschen, Dinghy putzen und verstauen, Apelia seeklar machen, die Winschen montieren. Kurz: Aus einem zerlegten Ersatzteillager verwandelt sich Apelia wieder in ein funktionierendes Segelboot. Der Wind bringt die Schaumstoffisolatoren auf den Wanten zum Vibrieren und so hat man unter Deck das Gefühl, dass Apelia es kaum noch erwarten kann und aufbruchsbereit zittert.
Um 12:00 ist allerdings Schluss für mich. Wirklich von einer Minute auf die andere muss ich mich hinlegen und ist mit mir nichts mehr los. Ich scheine etwas ähnliches wie Steffi zu haben, allerdings in leichterer Form. Was für ein Mist, wenn wir dieses Wetterfenster nicht nutzen, können wir sicher wieder eine Woche warten. Ich will allerdings einfach nur noch weg hier. Diese dauernde Überwachung geht mir auf den Senkel, Apelia ist seeklar und die Zeit läuft uns auch langsam davon. Ende April/Anfang Mai wollen wir auf Bermuda sein.
Ich liege den Rest des Tages im Bett und versuche meinen Kreislauf wieder in Gang zu bekommen. Nachmittags radeln wir mit den Rädern von Paddy und Avril nach Santa Marta um Obst und Rum zu kaufen, doch es wird für mich zu reinsten Tortur. Zurück am Boot lege ich mich wieder hin und Steffi erledigt die Behördengänge. Dabei werden wir mal wieder vom Hafen abgezockt. Die kassieren Tage, keine Nächte und dann bekommen wir auch noch gesagt, dass wir einen weiteren Tag zahlen müssten, wenn wir nicht bis Mitternacht abgelegt haben. Echt eine Sauerei.
Es wird langsam dunkel, aber der Wind weht weiterhin aus ONO. Immigration war schon da und hat unsere Visas zurückgenommen. Theoretisch dürfen wir das Hafengelände damit nicht mehr verlassen, doch wir sind im Revolucion-Fieber und holen uns an der Tankstelle noch eine Ladung kühle Getränke und zwei Pizzen, schließlich müssen wir die restlichen CUC loswerden.
Immer wieder muß ich mich hinlegen, doch es wird langsam besser und ich zwinge mich zum Essen. Gegen 21:00 beginnt der Wind eindeutig zu drehen, aber wir lassen uns noch Zeit. Die Coastguard und die anderen Segler prophezeien, dass es draußen ziemlich unangenehm sei. Wir bekommen nochmal Besuch von einem Wachmann, dem ich vorgestern eine Rolle Lakritz gegen seine Heiserkeit zugesteckt hatte. Er bittet um ein Handtuch und mit einer etwas seltsamen Prozedur, aber voller Ernst, beginnt er mich gesund zu beten. Normalerweise würde ich so einen Hokuspokus nicht mitmachen, doch es ist ihm wirklich ernst und seine Hingabe ist rührend.
Um 23:00 klarieren wir endgültig aus, starten den Motor und unter den Augen der versammelten Offiziellenriege und den anderen Seglern tuckern wir langsam den Hafenkanal entlang zum Ausgang. Es ist das erste Mal, dass wir im Dunkeln ablegen und es fühlt sich seltsam, aber auch ein bisschen verwegen an. Yeah, wir sind die Blokadebrecher, die Schmuggler der Floridastraße und machen uns zu einem neuen Run auf!

Alles was übrig bleibt: Der Papierkrieg Kubas.



Samstag, 12.04.2008 (328. Tag)

Die Bedingungen draußen sind alles andere als unangenehm. Eine schwache 3 Bft weht aus OSO und mit halbem Wind entfernen wir uns auf 33 Grad segelnd langsam von der Küste. Apelia wiegt sich sanft in den Wellen, wir sind nicht sehr schnell (4 kn), aber das Gefühl, die "Enge" Kubas hinter sich zu lassen und auf dem freien Meer zu sein, lassen uns entspannen und alles intensiv genießen. Da ich noch etwas schwach bin geht Steffi die erste Wache und wir teilen uns das Wachschema flexibel ein. Wenn man nicht mehr kann, weckt man den anderen.
Im Licht des Sonnenaufgangs bemerken wir, dass die Flagge fehlt. Sie ist sammt Stock über Bord gegangen, doch wieso und wann, das ist uns schleierhaft. Auch bemerken wir , dass Apelia irgendwie mit angezogener Handbremse segelt. Die Geschwindigkeit passt einfach nicht zum Wind. Es wird wohl der Bewuchs sein, der sich in den zwei Wochen in Varadero an Apelias Bäuchlein angesammelt hat und wir hoffen, ihn bei mehr Wind wie üblich abzusegeln. Trotzdem machen wir über Grund 6,4 kn, ein Hoch auf den Golfstrom! Er quetscht sich hier mit knapp 29 Grad C Wassertemperatur durch die Floridastrasse und hilft uns zu einem flotten Rutsch. Bei Nordwind sollte man die Gegend allerdings meiden, 3 kn Strom gegen den Wind, das sorgt bei 1000 m Wassertiefe für eine fiese See.
Gegen Mittag schläft der Wind langsam ein. Ach ja, er weht auch entgegen der Prognose immer noch aus Osten. Da wir trotz der großen Fock nicht mehr viel Fahrt (durch's Wasser) machen, starten wir den Motor. Morgen soll die Kaltfront kommen und wenn der Wind dann mit 20 kn aus NNW weht, wollen wir hier weg sein. Zum Glück unterstützt uns weiterhin der Golfstrom und über Grund machen wir 7,1 kn. Ziemlich irre, machen wir doch durch's Wasser gerade mal drei (aufgrund des Bewuchs').
Seltsamerweise haben wir den ganzen Tag über nicht ein Schiff gesehen. Eine Holzbohle mit zwei Möwen waren die einzigen Lebewesen, die sich zeigten. Jetzt am Abend scheint allerdings der Run der Kreuzfahrer auf Miami zu starten. Von achtern laufen sie auf und passieren uns weit im Westen. Um Ärger zu vermeiden wollen wir die amerikanischen Hoheitsgewässer meiden. Doch da der Golfstrom gerade an Floridas Küste seine maximale Geschwindigkeit entwickelt, trauen wir uns bis auf 15 nm an Florida heran. Hier ist wirklich der Teufel los und der Wachhabende hat im Dunkeln so einiges zu tun. Über Funk hören wir dabei eine PAN PAN Meldung: Ein Jetski mit 2 Personen ist "overdue".


Sonntag, 13.04.2008 (329. Tag)

Wir motoren die gesamte Nacht und der Golfstrom beschert uns sogar 7,8 kn. Also wenn das so weiter geht, dann würde ich lieber diesem Strom zurück in die Heimat folgen. Dieser konstante Schub ist wirklich eine Wohltat.
Draußen ist es wegen des fast vollen Monds und des Widerscheins von Miami am Himmel fast taghell. Das Licht wirkt sich direkt auf die Stimmung aus und man fühlt sich seltsamer Weise ein gutes Stück sicherer. Mit der neuen Eieruhr meiner Eltern verziehen wir uns trotzdem meist in unsere Koje zurück und werfen nur alle 10 min einen Blick in die Runde. Aufgrund der kaum vorhandenen Wellen scheint unser Radarreflektor gut zu arbeiten und alle Berufsschiffe machen einen großen Bogen um uns.
Im Morgengrauen kommt endlich die erwartete Winddrehung. Sie spielt sich in 2 h ab und neben einem Reff im Gross müssen wir plötzlich auch zur kleineren Fock wechseln. Von Westen kommt eine ganze Bank dunkler Wolken auf uns zu und wir sind auf der Hut. Es regnet ein wenig, doch nach einer weiteren Stunde schläft der Wind schon wieder ein und wir tuckern unter Maschine weiter auf unser Ziel Freeport auf der Insel Grand Bahama zu. Dabei verlassen wir den Golfstrom und unsere Geschwindigkeit über Grund sinkt auf 4,1 kn. Es ist wirklich frustrierend.

Eine drohende Wolkenbank schiebt sich über uns hinüber.


In meiner Wache entdecke ich ganze Schwärme von Finken, die scheinbar wieder nach Norden ziehen und auf Amerika zuhalten. Doch das ist noch lange nicht alles an "Wildlife" um uns herum: In hohem Bogen springt vor uns ein Dorado aus dem Wasser und kurz danach landet ein kleines, gelbes Vögelchen auf unserer Reeling. Ich verhalte mich zunächst ganz vorsichtig, doch das ist völlig unnötig. Der Piepmatz zeigt überhaupt keine Scheu und nachdem er verschnauft hat, beginnt er, Apelia systematisch nach Fliegen und Spinnen zu durchsuchen. Hin und wieder kommen kleine Motten über das Wasser geflogen. Dann jagt er hinter ihnen her, kommt danach aber wieder zu uns zurück, wo er seine Beute verspeist. Einmal landet er dabei 5 cm neben meiner Hand und ich kann ihn sogar leicht anstubsen, bis er seinen Platz wechselt. Das angebotene Wasser läßt er allerdings links liegen.

Besuch auf hoher See.


Je mehr wir uns Freeport nähern desto weniger Strom haben wir und es wird jetzt wirklich frustrierend. Wir machen nur 3 kn und so werden die letzten 12 nm zur Tortur. Normalerweise wären das knapp zwei Stunden, doch jetzt müssen wir vier Stunden lang in Sichtweite des Hafens vor uns hintrödeln. Steffi taucht zum Propeller, kommt allerdings kurz darauf mit zerkratzten Beinen wieder hoch. Apelias gesamter Bauch ist überzogen mit großen Seepocken. Eine neben der anderen, sie scheinen die Liegezeit in Varadero eifrig genutzt zu haben. Wenigstens gibt es jetzt eine Erklärung für unser Gefühl, mit angezogener Handbremse unterwegs zu sein.
Die Sonne neigt sich langsam dem Horizont entgegen, während wir die letzten Meilen vertrödeln. Über Florida hat sich eine gigantische Gewitterwolke aufgebaut und sie kommt langsam herangezogen. Immer wieder zucken Blitze durch das Monstrum und darunter ist die Luft pechschwarz. Und wir kommen hier einfach nicht voran. Es ist zum Kotzen und ich gebe noch etwas mehr Gas. Im Dunkeln, bei Gewitter mit alten Karten durch Untiefen in einen Hafen fahren, mehr kann mein sein Glück nicht herausfordern, doch genau auf diese Situation steuern wir zu.
Wir funken die erste Marina -Xanadu- an und erhalten keine Antwort. Die nächste Marina ist Lucaya und der Hafenmeister antwortet prompt: Beim momentanen Niedrigwasser ist die Barre vor dem Eingangskanal zu flach und wir müßten bis 23:00 warten. Dazu fehlt uns momentan jegliche Lust, denn die erste Tropfen fallen und das Gewitter bricht über uns herein. Wenigstens bleibt eine Böenwalze aus, doch die Blitze sind wahnsinnig intensiv und irgendwie auch viel dicker als wir es gewohnt sind. Bei uns an Bord herrscht zwischenzeitlich die blanke Angst.
Nach der Karte müßte die Einfahrt nach Xanadu tief genug sein und mir ist es inzwischen auch egal, ob wir die Zeit bis zum Hochwasser irgendwo mit dem Kiel im Boden warten müssen. Wir wollen nur noch in den Schutz des Landes kommen und während Steffi mit der Taschenlampe auf dem Vordeck steht, steuere ich uns vorsichtig auf die Hafenmolen zu. Als wir sie erreichen ist das Gewitter weitergezogen und wir atmen auf. Der Kanal zwischen den Molenköpfen scheint gerade mal 15 m breit zu sein und die Tiefe sinkt bis auf 2,1 m ab. Wir tasten uns schrittweise voran und Steffi, die inzwischen ins Wasser leuchtet gibt die Richtung vor.
Als wir das Hafenbecken erreichen sind wir euphorisch. Wir haben alles heil überstanden liegen endlich in einem sicheren Hafen. Da nehmen wir es mit Humor, dass man bei Niedrigwasser kaum auf den Steg hoch kommt und dass Steffi von einer fetten Kakerlake begrüßt wird. Selbst hier im Hafen ist das Wasser glasklar und sogar im Dunkeln erkennt man jedes Detail am Grund. Genial.An Land wirkt allerdings alles wie tod. Nur zwei andere, verlassene Boote liegen im Hafen, die Stege sind meist zerfallen und im Hotel, dem die Marina angeschlossen ist, treffen wir zunächst keine Menschen Seele, bis wir endlich die Rezeption finden.
Wir melden uns an und die etwas lustlos wirkende Matrone bestellt uns für morgen früh den Zoll und Imigration zum Einchecken. Eine ihrer ersten Handlungen besteht außerdem darin, uns die Rechnung auszuhändigen: Vorsichtshalber haben wir Apelias Länge auf 30 ft geschrumpft (was hier eh niemanden interessiert), doch wir schnappen trotzdem kurz nach Luft: 39 $. WTF??? Dass die Bahamas nicht gerade das Preisparadies sind wußten wir, doch das hier erdet uns nach der Euphorie des Anlegens ziemlich brutal. Einziger Lichtblick: Wir bekommen ein Zimmer zum Duschen zugewiesen und dürfen den Pool und die gesamte Hotelanlage nutzen, wozu auch das kostenlose WiFi in der Lobby gehört. Lümmelnd in den Sofas tun wir das dann auch gleich und nach einer Runde Surfen haben wir die Gewißheit, in der billigsten Marina vor Ort zu liegen. Lucaya rechnet mit 2,3 $/ft und in Nassau steigen die Preise auf bis zu 4 $/ft an. Angesichts dieser Aussichten sind wir ziemlich ernüchtert und kehren zu unserer kleinen, braven Apelia zurück, die im verlassenen Hafen auf uns wartet. Erstmal eine Nacht schlafen, morgen sehen wir weiter.


Montag, 14.04.2008 (330. Tag)

Der Beamte vom Zoll steht pünktlich um 8:00 auf der Matte und fertigt uns problemlos ab. Er verkörpert die angeblich so entspannte, freundliche Art der Bahamians, hebt sich damit allerdings deutlich vom Hotelpersonal ab. Die Zicken hinter dem Empfangstresen sind einfach nur lustlos und unfreundlich und nachdem ich nachhake, warum es nach der Homepage des Hotels eigentlich 8 $ günstiger sein müsste, muß ich eine Blanko-Abrechnung der Kreditkarte unterschreiben. Das sind echt harte Fakten und der Zollbeamte kommt uns dagegen vor wie ein Engel. Er hat viel Zeit für einen ausgiebigen Schwatz, einziger Schocker sind die 150 $, die wir noch für das Cruising Permit abdrücken müssen.
Da von Immigration jede Spur fehlt, drehen wir eine Runde über die Anlage, die im Tageslicht ziemlich trotslos und heruntergekommen wirkt. Das soll ein 5 Sterne Hotel mit einer "World Class Marina" sein? Wir entdecken auch kaum Gäste, nur am Strand liegen etwa 8 in den Sonnenstühlen. Es herrscht eine ganz seltsame Stimmung.
Eine dicke Mama winkt uns zu sich und will uns Halsketten verkaufen. Angeblich sind sie selbstgemacht, doch es ist das übliche Zeug, was man überall in der Karibik bekommt, wir haben also eh kein Interesse. Die Faul- und Lustlosigkeit, die die Verkäuferin ausstrahlt, macht es uns diesmal leicht "nein" zu sagen und wir fliehen an den strahlend weißen Strand. Wenigstens der sorgt bei uns für Begeisterung und wir können uns am türkisfarbenen Wasser kaum sattsehen. Die Einfahrt sieht auch im Tageslicht ziemlich spektakulär aus und ich kann kaum glauben, dass wir hier bei Nacht reingefahren sind.

Einfahrt in die Xanadu Marina.


Zurück an der lustlosen Rezeption fehlt immer noch jede Spur vom Immigration-Beamten, also wollen wir nach Freeport zum Einkaufen und bekommen die nächste Enttäuschung aufgetischt: Hier sei nichts in "Walking Distance", klärt uns die Matronenzicke auf, wir müssten wenn dann für 8 $/Strecke ein Taxi nehmen. Um es kurz zu machen: Xanadu ist wirklich ein verlassenes, heruntergekommenes Nest mit unfreundlichen Mitarbeitern, das völlig ab vom Schuß liegt. Wegbleiben!
Wenigstens gibt es kostenlose Karten für die Touristen und wir entdecken, dass es bis ins Zentrum etwa 5 km sind. Kein Wunder, dass die Leute meist unglaublich fett sind, wenn sie alles nur mit dem Auto zurücklegen. Wir latschen los und werden nach einem kurzen Stück von einer Frau ins Zentrum mitgenommen. Dafür shanghait sie uns für morgen früh zu einer Werbeveranstaltung für "Timesharing" (was auch immer das ist), doch da im Gegenzug ein kostenloses Frühstück winkt, lassen wir uns fangen. Auch würden wir angeblich kostenlos einen Skooter für einen Tag bekommen, angesichts der Entfernungen hier ganz interessant.
Wir werden am International Bazar abgesetzt. Es ist nicht das wirkliche Zentrum von Freeport, sondern das Zentrum für die Touristen. Läden für Nippes und Restaurants wechseln sich ab, nur da 80% geschlossen sind, macht das ganze einen ziemlich toten Eindruck. Vor vier Jahren wurde Grand Bahama schwer von einem Hurrikan getroffen. Zeugen sind die Kiefernstämme, die überall kronenlos in den Himmel ragen. Doch dass man es bis heute nicht geschafft hat, die Schäden an den Häusern zu beseitigen zeugt eindeutig von der meist etwas lustlosen Art der Anwohner. Wir können uns einfach nicht helfen, aber sie machen größtenteils einen gelangweilten und selbstgefälligen Eindruck, kombiniert mit totaler Faulheit. Wir fühlen uns echt unwohl.

Der tote International Bazar.


Für 1 $ nehmen wir den Bus nach Lucaya. Es ist eines der üblichen Sammeltaxis, wie wir sie aus dem Rest der Karibik kennen. Nur schade, dass sie nicht zu uns nach Xanadu rausfahren. Lucaya ist eine reine Kunstwelt für amerikanische Touristen, die um die "Deep Water Marina" herum errichtet ist. Nur seltsam, dass vom "Deep Water" jegliche Spur fehlt, doch da die Amis sowieso nur fette Motorbratzen fahren, vor denen der Hafen nur so wimmelt, kümmert die Wassertiefe hier eh keinen. Wir gönnen uns einen Hamburger und schlucken nochmal feste, als wir erfahren, dass ein Skooter 60 $/Tag kostet (Autos kosten gleichviel). Der Versuch Geld abzuheben scheitert, da angeblich nicht mehr genug auf dem Konto verfügbar sei. Mit der Kreditkarte klappt es dann aber doch und mit gefülltem Portemonaie nehmen wir den Bus zurück in das wahre Stadt/Einkaufszentrum.

Willkommen im Lucaya Holliday Resort.


Im Supermarkt sondieren wir die Preise und unsere Stimmung wird noch etwas weiter gedrückt. Wir werden uns beim Proviantieren auf Grundnahrungsmittel beschränken, denn alles andere hat horrende Preise. Eine Packung Kekse kostet knapp 6 $, Duschgel ebenso, Nudeln und ähnliches hat dann aber einen europäischen Preis. Wir müssen halt genau gucken, was wir nehmen.
Zurück zum Hafen nimmt uns ein freundlicher Taxifahrer mit, der gerade seine Frau zur Arbeit (in unserem Hotel) kutschiert. Wir tauchen unter Apelia um die Lage zu sondieren und ich bin ehrlich geschockt, als ich die dicke Lage von Seepocken sehe. Das gleicht mehr einem Riff als unserem gewohnten, weißen Unterwasserschiff. Mit einem Spachtel mache ich mich an einem Plankengang zu schaffen und oh Wunder, die unerwünschten Bewohner lassen sich ohne große Verluste vom Antifouling abstechen. Das Zeug was dann im Wasser herumschwebt piekt allerdings auf der Haut und mit einem Sprung in den Pool erlösen wir uns davon, gefolgt von einer heißen Dusche.
Mit dem Herbeirufen von Immigration ist irgend etwas schief gegangen und wir müssen ein paar Mal zu den zickigen Matronen an der Rezeption, bis sich was tut. Die Beamtin ist dann auch alles andere als freundlich und wir sind froh, als alles geklärt ist und sie wieder abhaut. Bei einem Cocktail lümmeln wir danach in der Lobby auf den Sofas und lesen Mails. Als wir gerade in der Koje liegen zieht ein Sturm auf und die Temperaturen sinken rapide. Das muß wohl die Kaltfront sein, die 24 h zu spärt eintrifft und wir holen unsere Fleecedecken heraus. Schön, im sicheren Hafen zu liegen und sich ohne Sorgen in der Koje aneinanderkuscheln zu können.


Dienstag, 15.04.2008 (331. Tag)

Pünktlich um 9:00 stehen wir im Xanadu Vacation Club auf der Matte, füllen einen Zettel mit persönlichen (Phantasie-) Daten aus und sitzen kurz darauf mit einem Berater an einem der Tische im Verkaufsraum. Wie erhofft erzählt er uns breitwillig ein wenig über die Bahamas und wir bekommen unser kostenloses Frühstück. Ich hatte auf Pancakes spekuliert, doch es ist nur ein Styroporteller mit Grütze, Rührei und Bacon. Dazu noch zwei Scheiben Toast. Das ist wirklich das letzte und danach folgt auch gleich die Verkaufsveranstaltung, bei der es darum geht, dass man sich mit 15.000 bis 50.000 $ beim Reiseveranstalter einkauft und dafür bis zu seinem Lebensende jährlich 3 bis 5 Wochen kostenlosen Urlaub in einem seiner Hotels machen kann. Wir lassen uns alles erklären, aber natürlich nicht blenden. Hotelurlaube sind eh nicht unser Ding und unserem Berater scheint das auch klar zu sein. Trotzdem haben wir unseren Spaß als er uns durch's Hotel führt und uns die unterschiedlichen Zimmerkategorien zeigt. Alles ist wirklich für den amerikanischen Markt dimensioniert und wir staunen über die Bettengrößen. Das absolute Luxusappartment löst bei uns dann nur noch Lachsalven aus. Alles ist völlig "over the top", der Stil ein Mischmasch aus Nepp-Antik und modern und von einer Qualität, die man in Deutschland nicht mal bei Möbel-Roller finden würde.
Zum Abschluß muß unser Gesprächszettel vom Verkaufsmanager abgezeichnet werden und wir bekommen noch einen Einblick, wie die Urlauber hier abgezockt werden. Selbst wir werden regelrecht unter Druck gesetzt, einen Vertrag abzuschließen. Es grenzt fast an Nötigung, wie der Manager einen bearbeitet und wir müssen sehr deutlich werden, bis er uns grußlos verläßt. Ein krasses Geschäft.
Saukalt ist es heute und wir tragen den ganzen Tag lange Hosen und Fleecepullover. Dazu noch dicke Socken und trotzdem fröstelt es mich immer ein wenig. Das ist völlig ungewohnt und wir sehen es als Abhärtung für den Heimweg. Ab jetzt müssen wir uns wohl auf konstant fallende Temperaturen gefaßt machen. Es ist das erste Mal seit den Kapverden, dass wir überhaupt lange Kleidung tragen.

Eigentlich müßte eine lage Eis auf dem Wasser schwimmen.


Wir verbringen den Tag mit Tagebuchpflege und tippen parallel an unseren Artikeln. Seit Andreas mein Laptop repariert hat, genießen wir den Luxus, uns nicht mehr abwechseln zu müssen. Allerdings ist noch unklar, was unser Bordakku dazu sagt. Zwei Laptops parallel, dass wird unser Solarpanel wohl nicht schaffen.
Mittags gehen wir online und ich skype mit Andreas. Er hat die Vollmacht über all unsere Konten und als ich über die Preise klage, muntert er mich auf: Auf unserem Konto sei reichlich Geld, wir sollten uns also mal entspannen und die Zeit genießen. Zur Bestätigung gucke ich kurz über das Onlinebanking nach, doch was ich da sehe paßt so gar nicht zu seiner Aussage: 28 EUR ist der momentane Kontostand. Etwas alarmiert gucke ich auf die Buchungen und bekomme einen ordentlichen Adrenalinschub: Seit Anfang April wurde in regelmäßigen Abständen Geld aus der Türkei und dem Ostblock von unserem Konto abgebucht. Insgesamt etwa 2850 EUR und nur da das Konto jetzt so gut wie leer ist, ging es nicht weiter. Es ist schwierig, da noch ruhig zu bleiben, aber was können wir jetzt machen?
Andreas wendet sich sofort an die Bank und läßt sicherheitshalber unsere beiden EC-Karten sperren. Im Internet erfahre ich, dass es sich um eine fast gängige Praxis handelt: Über den Schlitz des Geldautomaten wird ein Lesegerät geklebt und eine tastsensitive Folie oder eine Minikamera nimmt den PIN auf. Einen so frisierten Automaten kann man als Laie wohl nur schwer erkennen und nachdem man Geld abgehoben hat, kennen die Diebe alle Daten um eine Kopie der Bankkarte anzufertigen. Die Banken in Deutschland seien außerdem schnell dabei, dem Kunden Fahrlässigkeit beim Umgang mit der EC-Karte vorzuwerfen und man könnte nur auf ihre Kulanz hoffen, um wenigstens einen Teil des Schadens rückerstattet zu bekommen. Man kann es nicht anders ausdrücken: Schöne Scheisse.

Märchenschlösser direkt am Strand.


Nach einem ausgedehnten Strandspaziergang und einem spartanischen Abendessen genehmigen wir uns im Hotelrestaurant einen Nachtisch. In seiner Kahlheit und mit seinen Kiefernmöbeln erinnert uns der Raum an eine Jugendherberge und dass es auch hier drinnen einfach nur kalt ist, unterstützt die Atmosphäre nicht gerade positiv. Wir bestellen "Applepie a la Mode", was scheinbar eine gängige Bezeichnung für heißen Apfelkuchen mit Vanilleeis ist. Daß wir wie die anderen Gäste vorher eine Schale mit vier Brötchen bekommen wundert uns schon etwas, aber als dann der Nachtisch vor uns steht, können wir uns kaum halten vor Lachen: Es ist eine Scheibe lauwarmer Apfelkuchen mit einem gigantischen Brocken rosa Eis undefinierbaren Geschmacks darauf. So kommen wir in Kontakt mit unseren Tischnachbarn Carol und Rob, die sich auch über vieles hier wundern.

Applepie a la Mode mit rosa Eis.


Beim Sprung in den Pool müssen wir leider feststellen, dass er unbeheizt ist, doch eine heiße Dusche bringt Abhilfe. Es ist für unser Gefühl wirklich saukalt und wir flüchten in die Koje. 16 Grad C zeigt das Thermometer an und es macht die Aussicht heim zu segeln plötzlich gar nicht mehr so verlockend.