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Auf Bermuda


Donnerstag, 08.05.2008 (354. Tag)

Wir wachen auf, weil draußen jemand "Apelia" ruft. Es ist Barney, die gute Seele des Hafens, der mit einem Ohr am Funk hängt und damit weiß, dass die Impromptu gleich einlaufen wird. Höchste Zeit zum Aufstehen und um Gitti und Jürgen einen schönen Empfang zu bereiten, kaufen wir frische "Pastry" und laufen zum Fort am Eingang des Town Cut.

Impromptu auf den letzten Metern.


Die beiden freuen sich natürlich uns zu sehen, sind allerdings auch ziemlich frustriert als sie anlegen. Nicht wegen des Wetters, sondern da sowohl ihr 24 V Generator, als auch ihre 24 V Lichtmaschine am Motor ausgefallen sind. Damit funktionieren zwar noch die Navigationssysteme (12 V), aber die Toilettenspülung, die Kühl- und Gefrierschränke und der gesamte restliche Luxus ist stillgelegt. Und das seit mehreren Tagen.
Um einen Landanschluss zu haben, helfen wir ihnen beim Umlegen in die "Marina" und dürfen kurzzeitig den Luxus einer Halberg Rassy 460 erleben. Den 120 PS Yanmar hört man kaum, aber trotzdem pflügt die Kiste mit gut 7 kn durch's Wasser. Jetzt noch ein Day-Cruise, das wär's, aber da sich so manche Tüte im Gefrierschrank langsam zu einem Ballon verwandelt, wird es Zeit für den Landanschluss. Natürlich haben Gitti und Jürgen auch die Lösung für unser Problem mit der verlorenen Flagge: Sie zaubern eine neue aus den Tiefen ihres "Lagerhauses" und vermachen sie uns ohne zu zögern. So sind die beiden und wir trauen uns inzwischen gar nicht mehr, irgend etwas schön zu finden oder zu suchen, da wir direkt entsprechend versorgt werden. Die Gastfreundschaft und Umsorgung kennt bei den beiden keine Grenze und wir spielen mit dem Gedanken, ihnen zu sagen, dass ihr Boot wohl ganz hübsch sein...
Den Rest des Tages verbringen wir mit Faulenzen, Quatschen auf der Impromptu und vergeblichen Versuchen, unsere Mails zu ziehen. Der Server wurde neu installiert und bisher laufen noch nicht alle Dienste.
Nachmittags dürfen wir ein wenig staunen: In der Bucht lag bisher eine riesige deutsche Yacht vor Anker, zu der wir die kommenden Tage mal raussegeln wollten. Jetzt liegt sie zum Tanken an der Mole und wir können kaum glauben, was wir da sehen. Das Ding heißt "Visione" und ist ein 147 ft lange Baltic. Googlet mal im Netz, dann seht Ihr Fotos davon. Sie gehört einem der SAP-Gründer und gleicht eher einem Surfbrett, als den üblichen Yachten dieser Größe. Leider ist die Profimanschaft englisch und sehr distanziert, also müssen wir uns auf's Gucken beschränken.
Zum Abendessen führen Gitti und Jürgen uns in's Carriage House aus, wo die Segler 10% Ermäßigung bekommen. Die Küche ist wirklich erstklassig und dank des schlappen Dollars für europäische Maßstäbe locker zu zahlen. Überhaupt ist Bermuda durch den momentanen Dollarkus gut für uns zu machen.
Zurück an der Apelia kommen wir mit unseren Nachbarn locker ins Gespräch und sitzen kurz darauf im Cockpit einer etwa 60 ft langen Swan. Mickey und seine zwei Besatzungsmitglieder sind eine Proficrew, die das Boot zurück nach New York überführen. Von solchen Leuten und entsprechend dicken Booten wimmelt der Hafen und jedes Mal, wenn einer von ihnen an der Apelia vorbei läuft, bleibt er stehen und freut sich über ihre tollen Linien. Ist uns schon fast ein wenig peinlich. Mickey und seine Jungs sind alle die Freundlichkeit in Person und erst als wir in die Koje fallen, bemerken wir, dass es schon halb zwei ist.


Freitag, 09.05.2008 (355. Tag)

Während Steffi in die Kirche geht, latsche ich rüber zur Impromptu und überbringe unser Mehl, denn Gitti führt uns heute ihre Pancakes vor. Im Gegensatz zu unseren Pfannkuchen nehmen die Amerikaner dazu Buttermilch und das Mehl wird nur locker flockig untergehoben. Seltsamerweise gibt das trotzdem ganz locker fluffige "Flapjacks", wie wir sie aus den Bahamas kennen und ertränkt in Maplesirup und mit frischer Mango bekommen wir heute ein Kaiserfrühstück.
Den Rest des Tages dürfen wir Impromptus Waschmaschine nutzen und während Steffi mit den Beiden durch die Kunstgalerie wandelt, lackiere ich den Cockpitbereich neu. Der Grund für das Abblättern des Klarlacks liegt wohl darin, dass er nach 14 Jahren einfach aufgebraucht ist. Nachdem ich den Cockpitbereich in Kuba abgezogen und neu lackiert habe, ist alles wieder erstklassig und jetzt fehlt nur noch eine Lage, bis die nötigen 6 Stück aufgebracht sind.
Im Laufe des Tages treffen etwa 50 neue Yachten ein. Die meisten gehören zur Carib 1500, einer Kreuzer-Regatta von der Karibik zurück nach New York. So viele amerikanische Yachten wie hier haben wir noch nie gesehen und es sind fast alles 50 ft Eimer mit einem Oyster-artigen Design. Natürlich kommen damit wieder viele Leute an unserem Liegeplatz vorbei und der Strom der Bewunderer ebbt nicht ab.

Unser Liegeplatz an der Mole.


Abends trifft eine deutsche Bavaria 46 ein und wir lernen Frank kennen, der direkt bei uns vorbei schaut. Er ist in unserem Alter und wir kommen sofort wunderbar miteinander aus. Sein Vertrauen und seine Fürsorge reichen sogar so weit, dass er mit seiner EC-Karte für uns Geld abhebt, damit wir die Gebühren der Kreditkarte sparen.
Die niederländische Brut ist ein weiterer Ankömmling und da alle Plätze entlang der Mole belegt sind und für morgen Sturm angesagt ist, lassen wir sie auf unseren Platz und gehen längsseits. Ben, der Eigner will nach zwei Jahren Karibik wieder heim und mit ihm und seiner bunt zusammen gewürfelten Manschaft werden wir sofort warm. Es scheint, dass hier alle Leute einfach nur fröhlich sind und so vergeht der Tag rasend schnell bei all dem Smalltalk.


Samstag, 10.05.2008 (356. Tag)

Schon beim Aufwachen weht es ordentlich, aber im Laufe des Tages peitschen Böen von bis zu 35 kn die Lagune auf, so daß sie weiß vor Gischt ist. Hinter der Molenecke liegen wir relativ geschützt. Apelia tanzt zwar ganz gut in den Wellen, doch der Wind drückt uns weg von der Brut, so daß Apelia frei in ihren Festmachern schwingen darf. Zum Glück haben wir gestern Abend die Impromptu extra vertäut, so dass sie trotz ihrer exponierten Lage sicher liegt. Über die Gangway rüber zu balancieren ist bei ihren Bewegungen allerdings ein Kunststück.

Gut geschützt bei 35 kn Wind.


Mehr und mehr Yachten und auch dicke Zwei- und Dreimaster laufen den ganzen Tag über ein und legen sich vor Anker. Auch den französischen Open 50 Tri Crepes Wahoo entdecken wir, doch er legt sich ganz an das anderen Ende der Bucht, also keine Chance zur Begutachtung. Es ist schön, bei diesen Bedingungen im sicheren Hafen zu liegen und mit wohligem Gruseln denken wir daran, was die heute einlaufenden draußen mitmachen durften.
Als schwere Gewitter über uns hinweg ziehen, sitzen wir gemütlich im Salon der Impromptu und schustern Gitti in einer Crash-Aktion eine Homepage für ihren Postkartenversand zusammen. Der Typ, der das eigentlich für sie machen sollte, hatte sie hängen gelassen und in einer Woche stellt sie ihre Sammlung auf einer Messe vor. Bei diesen Bedingungen ist es hier natürlich extra gemütlich, doch wir merken auch, dass uns diese konzentrierte Büroarbeit ganz schön mitnimmt. Da müssen wir uns nach der Rückkehr wohl erst wieder dran gewöhnen.


Sonntag, 11.05.2008 (357. Tag)

Gitti fliegt heute heim und so nutzen wir die Möglichkeit zu einer Sightseeing-Runde und begleiten sie zum Flughafen. Er beansprucht fast eine ganze Insel für sich, so daß man von der Eingangshalle über eine weitere türkisfarbene Lagune blickt. Ziemlich cool.
Der Wind hat abgenommen und die Sonne strahlt freundlich vom Himmel. Da ist es herrlich, sich endlich mal die Beine zu vertreten und wir spazieren zurück zum Hafen. Dabei genießen wir die Wärme, die Ausblicke und die intensiv duftenden Jasminhecken. Leider soll es morgen nochmal richtig dicke kommen, also kein Grund zur Entspannung.

Typisch Bermuda: Überall Buchten mit Booten.


Mit Frank kommen wir immer mehr in Kontakt und auf dem Weg zum Kuchen essen, zeigt er uns "seinen" WLAN Hotspot. Tagsüber sei er okay, aber nachts müsste man vor den Kakerlaken aufpassen, die sich hier treffen. Die letzten Tage sind uns schon häufiger Segler aufgefallen, die hier und da mit ihren Laptops in den Gassen sitzen un sich über offene WLANs die Mails und Wetterdaten ziehen. Die Internetcafes verlangen für 15 min 4 $, das ist schon happig. Ach ja, von der Postbank haben wir endlich eine Antwort bekommen: Sie schicken uns einen Stapel Formblätter, die wir ihnen bitte ausgefüllt zusenden sollen.

Whizzkids.


Abends versacken wir auf der Brut und killen dabei unseren weißen Portwein. Wie eigentlich immer mit Holländern ist es "reuze gezellig".


Montag, 12.05.2008 (358. Tag)

Schon beim Aufstehen kachelt es mal wieder und der Wind erreicht im Laufe des Tages an die 40 kn. Neben der Brut liegt Apelia allerdings wie in Abrahams Schoß, also kaufen wir uns ein Tagesticket für alle Fähren und Busse und nehmen den Katamaran nach Dockyard, dem anderen Ende der Insel. Wir spazieren durch die teilweise zerfallene britische Festung, doch bei diesem naßkalten Wetter ist es nicht so der Brüller. Eine heranziehende Schauerfront vertreibt uns endgültig in den Schutz einer Hütte und als der Bus vorbei kommt, entfliehen wir dem Regen und besichtigen die Insel aus dem Trockenen.

Dockyard, an der Westspitze von Bermuda.


Am Gibbs Lighthouse wagen wir es auszusteigen, doch kaum haben wir den Bus verlassen, gießt es wieder in Strömen. Das nächste Gebäude ist das Reefs, ein Nobelresort, doch in der Strandbar bieten sie ein exzellentes Lunch und so sitzen wir durchgeweicht im Trockenen und blicken durch die Sturzbäche auf die türkisfarbene Brandung.

Überall wird vor den Portugiesischen Galeeren gewarnt.


Es hat sich jetzt so richtig eingeregnet, also lassen wir den Leuchtturm im Regen stehen und fahren weiter nach Hammilton, der Hauptstadt. Alles ist überschwemmt und nachdem wir von Arkade zu Arkade gerannt sind und dabei immer nasser wurden, kaufen wir uns einen Regenschirm und bringen den Stadtrundgang damit zu Ende. Freude kommt allerdings keine mehr auf. Mit dem Regen ist die Temperatur schlagartig gefallen und wir frieren vor uns hin. Am Kino erkundigen wir uns noch schnell nach dem Programm, aber dann steigen wir wieder in den Bus und lassen uns heim nach St Georges fahren.
Die Mannschaft der Brut hat sich in irgend eine Kneipe verkrümelt und auch Frank können wir nicht finden. Jürgen findet die Idee mit dem Kino allerdings gar nicht schlecht und so fahren wir abends zu dritt wieder nach Hammilton und lassen uns von Ironman berieseln. Die Friererei hat allerdings immer noch kein Ende: Die Klimaanlage läßt uns trotz Pullis und Jacken vor Kälte schnattern. Total bescheuert.


Dienstag, 13.05.2008 (359. Tag)

Unsere Ingenieursader ist geweckt und gemeinsam mit Frank verbringen wir den Vormittag in Impromptus Bauch und versuchen den Generator wieder ans Laufen zu bringen. Die Kombination aus E-Techniker (Frank) und uns Mechanikern ist ideal und so können wir nachmittags die Fehlerdiagnose stellen: Die Kühlwasserpumpe leckt an der Welle und da der Generator auf Backbordbug lief, tropfte das Wasser in die Schalterleiste und die Tage des Dieselpumpenrelais waren gezählt. Dabei scheint allerdings auch etwas auf der Steuerplatine schief gegangen zu sein, denn der Austausch des Relais reicht nicht aus.
Damit Gitti und Jürgen wenigstens mit funktionierenden Toiletten und Kühltruhen nach New York kommen, verlegen wir ein provisorisches Kabel, so daß sich die Dieselpumpe mit einem Schalter in Gang setzen läßt. Am Ende schnurrt der Fischer Panda wieder wie eine Eins und wir veranstalten ein Resteessen, das Jürgen mal wieder mit erstklassigem Wein verfeinert (sagen die anderen). Draußen toben derweilen bis zu 40 kn Wind und wenn ein Schauer nieder geht, sucht man sich besser einen geschützten Unterschlupf.


Mittwoch, 14.05.2008 (360. Tag)

Heute herrscht große Aufbruchstimmung. Das Tief ist abgezogen und der Wind weht mit herrlichen 4 Bft aus West. Perfekte Bedingungen um aufzubrechen, doch heute Nacht soll noch eine Regenfront durchziehen, also legen wir den Abfahrtstermin auf morgen.
Nachdem die Brut weg ist, geht bei uns die Organisation der letzten Dinge los. Die Wassertanks werden randvoll gefüllt, Diesel müssen wir auch nachtanken und zusammen mit Frank und Hans von der Contessa fahren wir nochmal nach Hammilton und kaufen im Supermarkt frisches Obst und Gemüse. Natürlich bleibt auch noch etwas Zeit für Sightseeing und Hans führt uns durch das Fort und wir bestaunen die gigantischen Kanonen. Auch in die Kellergewölbe trauen wir uns, sind dabei allerdings nicht sehr entspannt, denn oben am Tor stand ein Schild, dass ab 16:00 abgeschlossen würde. Als wir die 80 Stufen in die Tiefe steigen, ist es schon 17:30.

Megakanonen am Fort.


Zurück in St Georges wird es höchste Zeit für die Henkersmahlzeit, die wir mit der Contessa-Crew einnehmen. Sie werden morgen ihren siebten Mann aufnehmen und mittags aufbrechen, mal sehen, ob wir das zusammen schaffen.


Donnerstag, 15.05.2008 (361. Tag)

Unser letzter Tag in Bermuda ist angebrochen. Ich habe gerade noch schnell das Tagebuch runtergerotzt, lade es gleich hoch und nachdem die letzten Dinge erledigt sind, kann es für uns losgehen. 1900 nm sind es bis zu den Azoren und wenn es gut läuft, brauchen wir für die Strecke zwei Wochen. Es kann aber auch schnell länger dauern, je nachdem wie kooperativ die Tiefs und das Azorenhoch sind. Auf diesem Stück ist man entgegen der Herfahrt stark vom Wetter abhängig und wir hoffen natürlich auf das beste.
Wenn alles gut geht, melden wir uns also dann von der anderen Seite des Atlantiks. Obwohl, eigentlich ist es eher die Mitte. Bis nach Irland ist es danach auch noch ein ganzes Stück. Macht's gut und bis dann!

Steffi & Tim